Full text: Grenzkultur - Mischkultur?

ten. Gleichzeitig erklärt es die Angst, mit der Joinville noch über 50 Jahre später 
von dieser Waffe berichtet,56 über die Aubrey Galyon nicht ganz zu Unrecht als 
einem Vorläufer des in unseren Tagen geächteten ,Napalm1 gesprochen hat.57 
III. 
Wie zu Anfang bereits angedeutet, kannte man auch Waffen für eine größere 
Distanz resp. die verschiedensten Formen von Ballisten bereits seit der Antike. 
Dabei handelte es sich um sogenannte Torsionsgeschütze, das heißt um Waffen, 
die mittels Spannkraft überdimensionierte Pfeile bzw. Bolzen verschossen. 
Nachbauten in unserer Zeit haben ergeben, daß diese Torsionsgeschütze ihr Ziel 
auf eine Entfernung bis zu 400 m mit einer geradezu verheerenden Treffer¬ 
wirkung erreichten. Maßgebliche Bau- und Fertigungstechniken des antiken 
Geschützwesens gerieten jedoch mit der Auflösung des römischen Reichs im 5. 
Jahrhundert im Westen weitgehend in Vergessenheit. Was hier weiter oder 
wiederum an Torsionsgeschützen gebaut wurde, erreichte niemals mehr den 
Standard der leistungsstarken Torsionsgeschütze der Antike.58 
Im Mittelalter begann statt dessen die Ära einer neuen Geschützbautechnik, 
nämlich die der Hebelwurfgeschütze. Wie der Name bereits sagt, schöpften 
diese ihre Wurfkraft aus der Schwungkraft eines ungleichmäßigen Hebels. 
Dabei sind allerdings wiederum zwei Arten zu unterscheiden: die erste, die ihre 
Schwungkraft aus einem Gegengewicht schöpft und die zweite, die darauf ba¬ 
siert, daß die Bedienungsmannschaften den kürzeren Hebelarm mit Hilfe von 
Tauen nach unten zogen.59 Letztere stellt die einfachere Variante dar, die in 
56 Joinville (Anm. 35), S. 134 und 136. 
57 Galyon, Aubrey: „De Ortu Walwanii and the Theory of Illumination“, in: Neophilo- 
logus 62 (1978), S. 335-341, hier S. 337. 
58 Maßgeblich zum Geschützwesen in der Antike die Darstellung von Marsden, Eric W.: 
Greek and Roman Artillery, Oxford 1971, mit der gesamten älteren Literatur. 
59 Zum Belagerungskrieg im Mittelmeerraum siehe neuerdings Rogers (Anm. 33), passim. 
Speziell zum mittelalterlichen Geschützwesen ebd., Appendix III: The Problem of 
Artillery, S. 254-273, in dem der Autor die bisherige Forschung diskutiert und einen 
konzisen Überblick gibt. Nach wie vor unentbehrlich, vor allem im Hinblick auf den 
Orient, Huuri, Kalervo: Zur Geschichte des mittelalterlichen Geschützwesens aus 
orientalischen Quellen, Helsinki 1941 (Studia Orientalia 9). Siehe ferner Gaier, Claude: 
„Quand F arbalète était une nouveauté. Reflexions sur son rôle militaire du Xe au XIIIe 
siècle“, in: ders. (Hg.): Armes et combat dans l’univers médiéval, Louvain-la-Neuve 
1996, S. 159-182, sowie Finö, J.-F.: „Machines de jet médiévales“, in: Gladius 10 
(1972), S. 25-43, und Hill, Donald R.: „Trebuchets“, in: Viator. Médiéval and 
Renaissance Studies 4 (1973), S. 99-116. 
180
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.