Full text: Grenzkultur - Mischkultur?

semitischen Kulturkreis erkennen. Selbst hier näherte man sich noch durch das 
Anhängen einer lateinischen Endung den Konventionen einer anderen Sprache. 
Mit dem Erstarken der militärischen Kraft Roms unter Aurelian verschwand 
das Machtvakuum, das den Aufstieg Palmyras ermöglicht hatte. Die Bedrohung 
durch ein östliches Sonderreich erschien für den Zusammenhalt gefährlicher als 
ein Angriff Säbuhrs I. 
Die Integration der Oasenstadt in das Imperium Romanum hatte zwar letztlich 
zu ihrer Vernichtung geführt. Doch Palmyra wurde nicht das Opfer einer 
gewaltsamen Durchsetzung einer verbindlichen Reichskultur. Das Vorgehen 
Aurelians wandte sich ausschließlich gegen eine politische Revolte, nicht gegen 
eine „nationale“ Erhebung oder den Kampf einer in der Wahrung ihrer 
einheimischen Traditionen unterdrückten Gemeinschaft. Vaballathus kämpfte in 
seiner Propaganda denn auch mit den Mitteln derjenigen Kultur, die seiner 
Familie die Möglichkeit eröffnet hatte, nach der Herrschaft zu greifen. Auf 
eine Unterstützung ihrer ehrgeizigen Ziele im Osten konnten Vaballathus und 
Zenobia nur hoffen, wenn sie sich als Teil der griechisch-römischen Kultur 
präsentierten, die das gemeinsame Band der Völker von Kleinasien über 
Syrien/Palästina und Ägypten bildete. Die Mischkultur Palmyras konnte sich in 
überregionalen Machtansprüchen nicht artikulieren. Sie blieb auch in den 
Jahren der ungefährdeten palmyrenischen Herrschaft im Osten ein auf die Stadt 
und ihr Umland begrenztes Phänomen. 
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