Die ‘Pilgerfahrt des träumenden Mönchs’. Eine poetische Übersetzung
Elisabeths aus dem Französischen?
Wolfgang Haubrichs
Die Tochter der Elisabeth von Lothringen, Gräfin zu Nassau und zu Saarbrücken, geb.
1426, die nach ihrer Großmutter Margarethe genannt wurde, und 1441 Gerhard, Herrn zu
Rodemachern (Rodemack) in Lothringen, zu Cronenburg und Neuenburg heiratete, war —
wie ihre Mutter — eine, wenn auch rezeptive, so doch wohl wirksame Gestalt der spätmit¬
telalterlichen Literatur- und Kulturgeschichte, die bisher freilich allzu wenig Aufmerksam¬
keit gefunden hat. Nur Eberhard Freiherr Schenk zu Schweinsberg hat ihr 1941 einen be¬
deutsamen Aufsatz unter dem Titel „Eine deutsche Bücherfreundin in Lothringen“ ge¬
widmet, der freilich ohne rechte Nachfolge in eigentlich erforderlichen Detailuntersu¬
chungen geblieben ist1. Schenk zu Schweinsberg hat nachgewiesen, daß die 1490 verstor¬
bene und in der Karmeliterkirche zu Mainz beigesetzte Margarethe von Rodemachern ü-
ber eine recht ansehnliche Bibliothek verfügte, die einen guten Einblick in die Kultur ei¬
nes kleinen Adelshauses des 15. Jahrhunderts zu geben vermag. Ihre Büchersammlung
umfaßte — teilweise aus dem Erbe ihrer Mutter Elisabeth — u.a.
1) Ein Andachtsbuch (Gotha Chart. B. 237 I) mit Texten und Predigten aus dem Kreis
der deutschen Mystik2;
2) einen mit persönlichen Notizen weitergeführten Sammelband von 1429 mit Exem-
peln, Gebeten, einer Tierfabel, einer Spruchsammlung und der Erbauungsschrift
des sog. ‘Spiegelbuchs’3 (Gotha Chart. B 237 II)4;
3) das Gebetbuch ihrer 1456 verstorbenen Mutter (= Hamburg SB theol. 2061)5;
1 Schenk zu Schweinsberg, Eberhard Freiherr: „Margarete von Rodemachern, eine deutsche Bücherfreun¬
din in Lothringen“, in: Hermann Blumenthal (Hg.): Aus der Geschichte der Tandesbibliothek %u Weimar und ih¬
rer Sammlungen. Festschrift %ur Feier ihres 250jährigen Bestehens ..., Jena 1941 (— Zeitschrift des Vereins für
thüringische Geschichte und Altertumskunde, N.F., Beiheft 23), S. 117-152.
2 Beschreibung bei Schenk zu Schweinsberg (wie Anm, 1), S. 117. 121 f. Dieses Andachtsbuch, das nach
seiner Ansicht für Elisabeth im Jahre 1429 zusammengestellt wurde, enthält ca. 46 Stücke.
3 Bolte, Johannes, „Das Spiegelbuch“, in: Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften^hi 1.-
hist. Kl. 1932, S. 130-171, 729-732 hier S. 132; Clark, J.M.: „The ‘Spiegelbuch’“, in Modem Language Review
28 (1933), S. 87-92, 488-489. Vgl. Palmer, Nigel F.: „Spiegelbuch“, in: Vß.\ Bd. IX (1993), Sp. 134-138.
Die Gothaer Handschrift gehört zu einer rheinfränkischen Gruppe (Trier Stadtbibi. 852/1311 Mitte 15.
Jh., Darmstadt LB 345), die nach Clark sprachlich eng mit PTM (b) verwandt ist, was nähere Untersu¬
chung verdiente. Die Darmstädter und die Trierer Handschrift Ti sind ediert (S. 185ff.) bei Rieger, M.:
„Das Spiegelbuch“, in: Germania 16 (1871), S. 167-211. Vgl. auch Bushey, Betty C.: Die deutschen und die
niederländischen Handschriften der Stadtbibliothek Trier bis 1600, Wiesbaden 1996, S. 137f. (zu Trier 852/1311),
S. 85 (zu Trier 817/24, verschollen).
4 Beschreibung bei Schenk zu Schweinsberg (wie Anm. 1), S. 119. 122-127. Die persönlichen Notizen be¬
zeugen, wie das Weimarer Gebetbuch (Anm. 6) auch die nekrologische ,Memoria‘ einer Adelsfamilie.
5 Urtel, Hermann: Der Huge Scheppel\ Hamburg 1905, S. 5; Schenk zu Schweinsberg (wie Anm. 1), S. 120.
Vgl. Münzel, Robert: Philologica Hamburgensia. Für die Mitglieder der 48. Versammlung deutscher Philologen und
Schulmänner, ausgestellt von der Stadtbibliothek zu Hamburg, Hamburg 1905, S. 20, Nr. 92; Krüger, Nilüfer: Die
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