b) Kurzfassungen
Hb Heidelberg, Universitätsbibliothek, Heid. Hs 1012 (olim Ashburnham Place,
Cod. 486), Bl. 24r-248r, 14635 6
P Krivoklät (Pürglitz), Burgbibliothek Ia3, 1482
W Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2816, 1493.
K ist eine Abschrift von H. Die Zusammengehörigkeit der beiden Textzeugen erweisen
folgende Besonderheiten: Beide stimmen im Textbestand nahezu vollständig überein; die
— nicht bebilderte — Kölner Handschrift überliefert als einzige auch die Bildüberschriften
der (bebilderten) Hamburger Handschrift; die Vorreden von H und K weichen von denen
der übrigen Handschriften in Heidelberg, Krivoklät und Wien ab; beide Handschriften
enthalten Textabschnitte, die in den anderen fehlen; und schließlich teilt die Handschrift
in Köln auch Detailvarianten mit der in Hamburg, die sich in Hb, P und W nicht finden,
aber beweisen, daß H die Vorlage für K war. Diese erste Gruppe mit den Textzeugen H
und K läßt sich wegen der gemeinsamen Plusstellen gegenüber den übrigen Handschrif¬
ten vereinfacht als Gruppe der Langfassungen bezeichnen.
In die Gruppe der Kurzfassungen gehören die Handschriften in Heidelberg, Krivoklät
und Wien. Ihr charakteristisches Kennzeichen ist vor allem das Fehlen größerer Textteile
gegenüber den Langfassungen. Außerdem weisen die Kurzfassungen kleinere gleichlau¬
tende sekundäre Ergänzungen auf, ferner Textpassagen, die von den Langfassungen ab¬
weichen. Gleichwohl handelt es sich bei Hb, P und W um verschiedene Fassungen, denn
die einzelnen der gegenüber den ,Langfassungen‘ ergänzten Textabschnitte enthält nicht
jede Kurzfassung, und ihre Abweichungen von HK differieren. Hb stellt die kürzeste Fas¬
sung dar (sie fällt als Vorlage für P und W also aus), auch in W gibt es Auslassungen ge¬
genüber P und Hb (W kommt also ebenfalls nicht als Vorlage für Hb oder P in Frage),
ebenso verhält es sich mit P (Hb und P bilden aber aufgrund bestimmter Gemeinsamkei¬
ten eine genealogische Gruppe). W hat im Textbestand Gemeinsamkeiten mit HK gegen¬
über Hb und P und stimmt auch im Wortlaut öfter zu HK, wo Hb und P abweichen. Die
Handschriften der Gruppe der Kurzfassungen sind also weder voneinander noch direkt
von den ,Langfassungen£? abhängig.
Zur Prosaübersetzung
Der Vergleich mit dem französischen Fragment erweist eine recht freie Übertragung der
Vorlage in deutsche Prosa. Bei den Eingriffen handelt es sich überwiegend um Kürzun¬
gen: Vorwegnahmen der Handlung werden gegenüber der Vorlage reduziert, Wiederho¬
5 Vgl. die Wasserzeichenuntersuchung von Mölk (wie Anm. 1), S. 158.
6 Für diese Handschrift ist eine neue Sigle eingeführt.
Den Nachweis für die Überlieferungsverhältnisse enthält die Habilitationsschrift von Ute von Bloh, Aus¬
gerenkte Ordnung. Vier Prosaepen aus dem Umkreis der Gräfin Elisabeth von Nassau-Saarbrücken:,Herzog Herpin \
,Loher und Maller\ ,Huge Scheppel1, Königin Sibille\ die voraussichtlich 2001 in den ,Müchner Texten und
Untersuchungen4 erscheinen wird.
428