mußte, dies sei ,unabgesagü, ,unbewahrter Ehren4, also ohne Fehdebrief geschehen, gehö¬
ren nicht zum eigentlichen Fehdewesen. Sie werden in den Quellen auch nicht als Fehde
oder Feindschaft bezeichnet. [...] Wo es sich nicht um Fehde handelt, können auch keine
vom Fehderecht gesetzten Grenzen eingehalten oder überschritten werden.“14
Die Formulierungsmuster der Geschäftsbriefe (Urkunden sind keine im Material enthal¬
ten) müssen sich demnach nicht unbedingt an den strengen Rechtsformeln des Fehdewe¬
sens orientieren, was eine Voraussetzung für die Möglichkeit der vorliegenden Untersu¬
chung darstellt.
3. Vorgaben und Normen: ihre Befolgung und Variation
3.1. Briefaufbau
Der mittelalterliche Briefaufbau folgt strengen Gesetzen und orientiert sich noch ganz an
lateinischen Vorbildern bzw. der ihnen zugrundeliegenden ars dictandi, wie sie in lateinisch-
und dann deutschsprachigen Briefstellern, Rhetoriken und Formularbüchern propagiert
wird: Das Dispositionsschema umfaßt in der Regel Salutatio, Exordium, Narratio, Petitio
und Conclusio; je nach Briefsteller oder Formularbuch kann jedoch auch der eine oder
andere Teil fehlen (z. B. das Exordium und/ oder die Petitio)15.
ln den Elisabeth-Briefen zerfällt die Salutatio in der Regel dem Brauch gemäß, wie ihn
beispielsweise Carl Erdmann für das 11. Jahrhundert belegt16, in drei Teile: „Inscriptio
(Empfängerbezeichnung im Dativ), Intitulado (Absenderbezeichnung im Nominativ) und
Grußformel.“17 Die Reihenfolge bzw. Anordnung im Brief kann dabei variieren, bleibt
aber im Rahmen des Üblichen (zu Anrede und Grußformel vgl. 3.2. und 3.3.)18.
14 Orth: Die Fehden (wie Anm. 12), S. 55f.
15 Vgl. Erdmann, Carl: Studien ~^ur Briefliteratur Deutschlands im elften Jahrhundert, Stuttgart 1952 (Schriften des
Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde 1) [Unveränderter Nachdruck von 1938], S. 80 und
Steinhausen: Geschichte des deutschen Briefes (wie Anm. 1), S. 103.
16 Vgl. Erdmann: Studien (wie Anm. 15), S. 73.
17 Vgl. Erdmann: Studien (wie Anm. 15), S. 73. Der Urkundenlehre entsprechend ist die Salutado kein
Überbegriff für Inscriptio und Intitulado, sondern die Bezeichnung für die Grußformel, die in früherer
Zeit oft grammatikalisch mit Intitulado und Inscriptio verschmolzen ist (vgl. Meisner, Heinrich Otto:
Aktenkunde. Fin Handbuch für Archivbenut^er mit besonderer Berücksichtigung Brandenburg-Preußens, Berlin 1935,
S. 67). Die drei Teile verselbständigen sich im Lauf des 15. Jahrhunderts und treten in den Elisabeth-
Briefen bereits immer unverbunden auf. Aufgrund der früheren Verschmelzung werden jedoch die Fra¬
gen der Inscriptio und Intitulatio in den Formelbüchern meist unter dem Stichwort „Salutatio“ behan¬
delt, daher wohl die Tendenz, „Salutatio“ als Überbegriff zu benutzen. Vgl. Steinhausen: Geschichte des
deutschen Briefes (wie Anm. 1), S. 41.
18 So steht die vollständige Titulatur des Adressaten mal auf der Rückseite des Briefes, mal unter dem Text;
vgl. auch Meisner (wie Anm. 17), S. 63. Die Absenderbezeichnung findet sich sowohl am Briefkopf als
auch als Unterschrift am Briefende.
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