von Bar und erlangt 1434 die Nachfolge im Herzogtum Anjou und dem Königreich Sizi¬
lien.
Der Varsberg-Streit fällt nun genau in die Zeit der Auseinandersetzung zwischen René
von Anjou und Elisabeths Bruder, Anton von Vaudémont, der als Neffe Karls II. gegen¬
über René 1431 Ansprüche auf das Herzogtum Lothringen anmeldet, da er die weibliche
Nachfolge über seine Cousine, Isabella/EIisabeth von Lothringen, Tochter Karls II. und
Frau Renés, nicht akzeptiert. Der Streit um das Herzogtum Lothringen entwickelt sich zu
einem Politikum europäischer Dimension7.
Diese Auseinandersetzung ist aus mehreren Gründen für den Varsberg-Streit wichtig. Jo¬
hann von Kerpen ist Teilhaber der Burg Klein-Varsberg, die zum Saarbrücker Lehen ge¬
hört. Dadurch ist er lehnsabhängig von Elisabeth. Als seinen Herrn nennt er in den Brie¬
fen jedoch Anton von Vaudémont. Die benachbarte Ganerbenburg Groß-Varsberg, um
die der Streit hauptsächlich geht und die Johann von Kerpen von Klein-Varsberg aus un¬
rechtmäßig und vor allem unangekündigt im Sinne einer regulären Fehde besetzt hält, be¬
saß bereits Elisabeths Mann Philipp als lothringisches Lehen. Johann von Kerpen unter¬
nimmt nun von Groß-Varsberg aus (wahrscheinlich im Auftrag oder zumindest mit der
Billigung Antons) räuberische Streifzüge in die Umgebung, wobei er besonders den Besit¬
zungen Renés von Anjou Schaden zufügt, was diesen wiederum veranlaßt, von Elisabeth
Schadensersatz zu fordern, da sie für diese Burg als einem lothringischen Lehen verant¬
wortlich ist.
Der Varsberg-Streit zwischen Elisabeth von Nassau-Saarbrücken und Johann von Kerpen
ist also ein Kampfschauplatz der Auseinandersetzung zwischen René von Anjou und An¬
ton von Vaudémont, aus dem sich Elisabeth eigentlich neutral heraushalten wollte. Das
erklärt, warum auch René und Anton neben Johann von Kerpen als Briefpartner Elisa¬
beths auftreten8. Während der burgundischen Haft Renés wendet sich Elisabeth brieflich
an ihre Cousine Isabella von Bar und Lothringen, Renés Frau. Weitere Briefpartner sind
Bischof Konrad von Metz, der als Vermittler und Parteigänger Renés auftritt und einer¬
seits Hauptgeschädigter der räuberischen Ausfälle Johanns, andererseits letztendlicher
Nutznießer des Konflikts durch den Erhalt der Burg ist, sowie einige Lehns- und Dienst¬
leute der Elisabeth, deren Rolle im Konflikt wohl denen von ,Fehdehelfern ’ gleichkommt,
aber in den Briefen nicht immer ganz deutlich wird (Georg von Rollingen, Johann von
7 Zu Einzelheiten dieses Konflikts vgl. Mohr, Walter: Geschichte des Herzogtum Lothringen, Teil IV: „Das
Herzogtum Lothringen zwischen Frankreich und Deutschland (14.-17. Jahrhundert)“, Trier 1986, S. 73-
80, sowie die Beiträge in diesem Band von Hans-Walter Herrmann, S. 74ff, und Heinz Thomas, S. 165-
168 u. 175ff.
8 An ihren Bruder Anton von Vaudemont ist jedoch nur ein deutscher Brief erhalten, der Rest des Brief¬
wechsels mit ihm ist in französischer Sprache gehalten.
391