Full text: Zwischen Deutschland und Frankreich

seines Vaters mit dem Frieden von Arras gemacht hat, dessen Text zwar den Burgunder 
als Triumphator erscheinen ließ und noch immer läßt, der aber mit der gar nicht explizit 
ausgesprochenen Anerkennung Karls VII. als König auch den Verzicht auf den Besitz der 
Grafschaft Champagne implizierte, wo es freilich, wie in anderen Regionen auch, burgun- 
dische Enklaven gab, um deren Besitz in den folgenden Jahren ständige Konflikte geführt 
wurden170. 
Spätblüte der Ritterschaft: Der Orden vom Goldenen Vlies 
Daß Herzog Philipp trotz der Anerkennung Karls VII. auch weiterhin eine kaum einge¬ 
schränkte souveräne Stellung einnahm, stand schon aufgrund des § 28 im Frieden von Ar- 
ras außer Frage171. Aber es gab noch andere Indizien für das Streben des Burgunders nach 
einer königsgleichen Stellung: Am Ende der Feierlichkeiten zu seiner Hochzeit mit Isabel- 
la von Portugal in Sluis bei Brügge am 7. Januar 1430 hatte der Wappenkönig von Flan¬ 
dern verkündet, daß sein Herr zu Gottes Ehren, zur Bewahrung des christlichen Glaubens 
und zur Erhöhung des edlen Standes der Ritterschaft einen Orden gegründet habe, der 
den Namen „Goldenes Vlies“ tragen werde172. Der „Toison d‘or“ trat neben den damals 
schon 85 Jahre alten Hosenbandorden der Könige Englands, in dem die Blüte nicht nur 
des englischen Adels Aufnahme gefunden hatte, sondern zum Beispiel auch König Sieg¬ 
mund während seiner Englandreise im Jahre 1416173. Der König von Frankreich verfügte 
damals über keinerlei Institution dieser Art. Erst Karls VII. Sohn Ludwig XI. ist 1469, zu 
Beginn seines Konflikts mit Philipps des Guten Sohn Karl dem Kühnen, dem Beispiel 
seines unbotmäßigen Vasallen gefolgt und hat den Orden des Erzengels Michael gegrün¬ 
det, der freilich nie das Renomme gewinnen konnte wie seine Vorläufer in England und 
Burgund, die bekanntlich noch heute existieren, während der französische Königsorden 
der Revolution zum Opfer fiel174. 
170 Vaughan: Philip the Good, S. 113 f. 
171 Bonenfant, A. M. und Paul: „Le projet d’érection des Etats bourguignons en royaume en 1447“, in: Le 
Mojen Age 45 (1935), S. 10-23; Schneider, )ean: „Lotharingie, Bourgogne ou Provence? L’idée d’un 
royaume d’entre-deux aux derniers siècles du Moyen Age“, in: Liege et Bourgogne (Les congrès et collo¬ 
ques de 1’ Université de Liège, Bd. 66), 1972, S. 15-44. 1438 wurde Philipp als Kandidat für das römische 
Königtum ins Spiel gebracht, vgl. Paravicini, Werner: „Zur Königswahl des Jahres 1438“, in: Rhein. Vjbll. 
39 (1975), S. 99-115. 
172 Vgl. D’Arcy Jonathan Dacre Boulton: The Knights of the Crown. The Monarchical Orders ofKnighthood in Later 
Médiéval Europe, 1325 - 1520, Woodbridge 1987, S. 356ff. Daß Philipp der Gute seinen Orden in Kon¬ 
kurrenz zum Hosenbandorden und im Bewußtsein gegründet habe, daß Karl VII. über keine vergleich¬ 
bare Institution verfügte, betont sein Chronist Georges Chastellain, vgl. ausführlich Zingel: Frankreich 
(wie Anm. 106), S. 148f. 
173 Vgl. Hoensch: Kaiser Sigismund (wie Anm. 14), S. 230; Boulton: The Knights (wie Anm. 172), S. 131 mit Li¬ 
teratur. Siegmund hatte schon 1408 einen eigenen Orden gegründet, den des Drachens, vgl. Boulton, S. 
348 ff.; Bogyay, Thomas: Artikel „Drachenorden“, in: LexMA Bd. 3, 1986, Sp. 1346. 
174 Boulton: The Knights (wie Anm. 172), S. 427 ff. Voraufgegangen war König Johanns II. Sternenorden un¬ 
serer Lieben Frau vom Edlen Haus zu St. Ouen, der aber schon nach wenigen Jahren (vermutlich 1356), 
seinen Geist aufgab, Boulton, S. 167 ff. 
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