Full text: Zwischen Deutschland und Frankreich

reich im Jahre 1437286 den größten Teil seiner Kindheit und Jugend im Umkreis der Mut¬ 
ter verbrachte. 
Es gibt keine Anhaltspunkte für einen „Musenhof£, wie ihn Yvonne Rech sich vorstell¬ 
te287. Ich warne auch davor, die von Jan Huizinga beschriebene Festkultur im Herbst des 
Mittelalters im Analogieschluß auf den kleinen Saarbrücker Hof zu übertragen oder die 
detailreichen Miniaturen von Spielen, Turnieren, Festmählern etc. in den von Elisabeths 
Sohn in Auftrag gegebenen Prachthandschriften als Bildreportagen des Saarbrücker Hof¬ 
lebens zu werten. 
Der Elisabeth ständig umgebende Personenkreis rekrutierte sich teilweise aus den Famili¬ 
en ihrer mannen, retten undfrunden. Nicht alle Inhaber von Burghäusern in der Saarbrücker 
Burg bewohnten diese tatsächlich, gerade die wichtigeren Familien, wie Kriechingen, Rol¬ 
lingen, Fleckenstein, Sierck, hielten sich in Burgen inmitten ihrer anderen Besitzungen auf. 
Daß es auch gar nicht so leicht war, nassauische Lehensleute nach Saarbrücken zu bekom¬ 
men, zeigt die Varsberg-Korrespondenz288. 
Nachrichten über die weibliche Dienerschaft sind noch dürftiger. Heilke von Rodenhau¬ 
sen kann als einziges „Hoffräulein“ angesehen werden, bevor Hans von Rittenhofen sich 
in zweiter Ehe mit ihr vermählte289. 
Noch einmal sei auf den knappen Personalbestand hingewiesen. Die von Burchert im 
Analogieschluß zur Hofhaltung des Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg ange¬ 
setzte Zahl von 200290 halte ich für zu hoch gegriffen, selbst wenn man das Wachpersonal 
der Burg und das Gesinde bis hinunter zu Jungmägden und Stallknechten dazurechnet. 
Es fehlen sowohl eine Hofordnung als auch andere Quellen über das höfische Zeremo¬ 
niell291. Wahrscheinlich war es noch nicht notwendig, durch schriftliche Regeln das hierar¬ 
chisch abgestufte Zusammenleben des relativ kleinen Personenkreises um Elisabeth zu fi¬ 
xieren. Ihren Räten, Amdeuten, frunden, den anderen Bediensteten in der kleinen Verwal¬ 
tung und dem Gesinde werden eigene Erfahrungen oder Anweisungen der schon länger 
in diesem Kreise Lebenden genügt haben, um der Gräfinwitwe mit der von ihr erwarteten 
Reverenz zu begegnen. 
286 Vgl. S.120. 
287 Rech (wie Anm. 59), S. 7ff. 
288 Briefe an Johann von Kriechingen, Johann von Rodemachern, Georg von Rollingen, Friedrich von Cas- 
tel und Dietrich von Püttlingen (Varsberg-Korrespondenz, Nr. 50, 54, 69-71, 77, 78, 80, 81 u. 83). 
289 Am 08.09.1435 bekennt Elisabeth, daß sie dem Hans von Rittenhofen eine Gült von 10 oder 12 fl. als 
Heiratsgut seiner Frau, ihrer Dienerin Heilke von Rodenhausen, zugesagt habe u. belehnt ihn jetzt mit 
Gütern und Gülten, die ihr durch den Tod des Friedrich von Malstatt heimgefallen sind (HHStA Wies¬ 
baden Abt. 121). 
290 Burchert (wie Anm. 19), S. 35. 
291 Aus der Zeit des Grafen Johann III. ist eine Hofordnung bekannt (LA SB Best. N-Sbr.II Nr. 2847 fol. 
123). 
99
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.