zenen nichts Böses geschehe.33 Dieser Ausspruch wurde dem Bischof von Pamiers
hinterbracht, der sogleich eine Untersuchung wegen Häresieverdachts (super crimi-
ne heresis, de quo suspectus vehementer erat) anordnete. Gerade der Hinweis auf die
Toleranz der Lombarden scheint den Inquisitor hellhörig gemacht zu haben. In der
Vernehmung stellte sich heraus, daß Petrus seine brisanten Informationen einem
Hausierer (mercerius) verdankte, der sechs oder sieben Jahre zuvor nach Vaychis ge¬
kommen war und Nadeln, Spinnwirtel und dergleichen feilbot (qui portabat acus et
vertellos et talia). Man kam miteinander ins Gespräch, und weil der Hausierer Na¬
deln aus der Lombardei mit sich führte, wurde er gefragt, ob er selbst von dort stam¬
me. Er bejahte dies und rühmte seine Heimat: Sie sei ein gutes Land, und dort tue kein
Mensch den Juden, Ketzern oder Sarazenen etwas Böses, solange diese das Lebens¬
notwendige redlich erarbeiteten.34
Nicht nur wegen des zeitlichen Abstands der protokollierten Aussage erscheint die
Gestalt des mercerius in ein geheimnisvolles Dunkel gehüllt. Zweifellos handelte es
sich um einen Grenzgänger, der Produkte seiner Heimat in einer Nachbarregion zum
Kauf anbot. Offen bleibt jedoch, wie die ostentative Sympathie für Ketzer und An¬
dersgläubige zu bewerten ist. Fielen die zitierten Worte, wie Petrus de Fonte es glau¬
ben machen will, tatsächlich in einem eher beiläufigen Gespräch, oder versuchte der
Hausierer ganz bewußt, etwaige Anhänger des Katharismus zur Abwanderung in die
Lombardei zu bewegen? Die Frage ist nicht zu beantworten, aber gewiß hätte die un¬
stete Lebensweise eines Hausierers jedem “Ketzerboten” vorzügliche Möglichkeiten
der Tarnung eröffnet. Insofern war es vielleicht mehr als ein Ausdruck paranoischen
Denkens, wenn die Inquisition in jedem Reisenden aus der Lombardei sofort einen
nuntius haereticorum vermutete.
3. Bespitzelung und Festnahme des Guillelmus Belibasta
Neben der Lombardei bot auch Katalonien den verfolgten Albigensern eine einiger¬
maßen sichere Zuflucht, wenngleich die Exilierten dort weniger offen agieren konn¬
ten.35 Andererseits war die Flucht über die Pyrenäen für den Ortskundigen weniger
gefährlich als die lange Reise in die Lombardei. Denn das Gebirge war der Lebens¬
33 Le registre (wie Anm. 22) Bd. 2, S. 157: Et ipse loquens respondit, quod ipse audiverat dici
quod in Lombardia non fit malum hereticis, iudeis et sarracenis, nec alicui qui bono modo
laborat, et addidit quod peccatum erat male facere hereticis, iudeis et sarracenis, si bono
modo laborant, et acquirunt unde vivant. - Zur grundsätzlichen Einstellung der Katharer
gegenüber Gewaltanwendung und Verfolgung s. Gerhard Rottenwöhrer, Zeichen der Sa¬
tansherrschaft: Die Katharer zu Verfolgung, Mord und Strafgewalt (Beiträge zur Friedens¬
ethik 22), Stuttgart/Berlin/Köln 1996.
34 Le registre (wie Anm. 22) Bd. 2, S. 158:... quesivit ab eo, qualis terra erat Lombardia, qui
mercerius respondit quod bona, et addidit quod in Lombardia nullus homo facit malum iu¬
deis, sarracenis vel hereticis, solummodo quod velint bene laborare pro suis necessariis
habendis.
Zur allgemeinen Situation des kataionischen Katharismus s. Annie Cazenave, Les cathares
en Catalogne et Sabarthès d’après les registres d’inquisition. La hiérarchie cathare en
Sabarthès après Montségur, in: Bulletin philologique et historique (jusqu’à 1610) du comité
des travaux historiques et scientifiques. Année 1969, Vol. I, S. 387-436.
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