Die Tatsache, daß man kein Deutsch kann, ist ein Hindernis bei der Arbeitssuche im
Großherzogtum, und die Tatsache, daß man kein Niederländisch spricht, ist eins in
Belgien. Doch das Französische wird vernachlässigt,2Ü
Die Belgier äußerten sich noch am offensten über die negativen Begleiterscheinun¬
gen eines mehrsprachigen Arbeitsmarktes.20 21 Angesichts des seit Jahrzehnten andau¬
ernden ‘ Sprachenkampfes’ in Belgien gibt es für solche Bezeugungen sicherlich be¬
reits allgemein verbreitete Muster. Die Grenzgänger aus Rheinland-Pfalz indessen,
die nach ihrer eigenen Einschätzung nicht über sehr gute Französischkenntnisse ver¬
fügen, sind diesen Anforderungen in Luxemburg zwar in gleicher Weise ausgesetzt,
doch nahmen sie dazu nicht Stellung. Lediglich der Wunsch nach Verbesserung der
eigenen Sprachkompetenz wurde ausgedrückt.
Auf die Frage nach einem bezeichnenden sprachlichen Erlebnis im grenzüberschrei¬
tenden Verkehr kamen nicht sehr viele Antworten. Es wurden zum Beispiel besonde¬
re Übersetzungssituationen geschildert, nicht ohne Stolz auf die eigenen Fähigkeiten
zur Meisterung solcher Situationen. Auch das Aushandeln der Sprache wurde mehr¬
mals genannt. Eine saarländische EDV-Sachbearbeiterin, die im grenznahen lothrin¬
gischen Spicheren/Spichem wohnt, erzählte folgendes:
Als ich vor 11 Jahren die ‘Pkw'-Bäckersfrau in Französisch fragte, ob sie Deutsch
spricht, antwortete sie Non - woraufhin ich im ‘schönsten ’ Schulfranzösisch meine
Backwaren auswählte. Als ich zahlen wollte, fragte sie mich: ‘Ei, hanna ’s ned
klään
Über die Hälfte beantwortete die Frage nach eigenen Wünschen für die sprachliche
Zukunft in Saar-Lor-Lux. Eine Gruppe befürwortete nochmals die Zweisprachigkeit
beziehungsweise Dreisprachigkeit für die gesamte Region, oft unter ausdrücklicher
Einbeziehung der Dialekte. So wünschte sich eine im lothringischen Frauenberg
wohnende saarländische Kauffrau beide Sprachen und Dialekt für die Zukunft. Eine
Sekretärin aus dem lothringischen Waldhouse/Waldhausen, die in Homburg im Saar¬
land arbeitet, nannte die Dialekte sogar an erster Stelle:
Erhaltung der Dialekte, denn sie dienen als Grundlage für die Fremdsprachen. Zwei¬
sprachige Erziehung der Kinder in allen Fällen, in denen die Situation es erlaubt22
Jeder sollte die Sprache des Nachbarn lernen, meinte eine Arbeiterin aus dem loth¬
ringischen Sturzelbronn/Stürzelbronn, die in Pirmasens beschäftigt ist. Mehrmals
wurde betont, daß die zweisprachige Erziehung möglichst früh beginnen sollte. So
wünschte sich eine saarländische Arzthelferin, die im lothringischen Bliesguersvil-
ler/Bliesgersweiler wohnt, daß bereits im Kindergarten deutsch [und] französisch
gesprochen werde. Ein in Luxemburg beschäftigter Elektrotechniker aus dem loth-
20 Le fait de ne pas connaître l’allemand est un obstacle pour trouver un emploi au Grand-
Duché et le fait de ne pas parler le néerlandais en est un en Belgique. Pourtant le français est
négligé.
21 Zur ökonomischen Bedeutung von Mehrsprachigkeit vergleiche Florian Coulmas, Die
Wirtschaft mit der Sprache. Eine sprachsoziologische Studie (suhrkamp taschenbuch Wis¬
senschaft 977), Frankfurt am Main 1992, insbesondere S. 79-123.
22 Maintien des dialectes car ils servent de base aux langues étrangères. Education bilingue
des enfants chaque fois que la situation le permet.
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