orientierten’ Sorben“ bezeichnet31. Ebenso wie das Beispiel vom Träger eines Dop¬
pelnamens gehören beide zu einem Typus, der Bikulturalität nicht in Form von Ver¬
mischung, Überblendung und damit Leugnung der scharfen Trennung organisiert,
sondern gerade durch eine klare dualistische Definition von kulturellen Feldern und
Identitäten. Die Verbindung wird erst durch den Akt des Wechselns, des „Wandems
zwischen den Identitäten“ geschaffen’2. Dieser sorbischen Grenzgängerlogik des die
Personennamen implizierenden kulturellen Code-Switchings zufolge wäre ein deut¬
scher Ministerpräsident eines an Frankreich grenzenden Bundeslandes mit dem fran¬
zösischen Namen Lafontaine eine recht abwegige Vorstellung - Grenzen und Trans¬
formationsregeln müßten eingehalten werden33.
Aus der Perspektive von klaren Entweder-Oder Zuordnungen, zu der auch die
bisherige deutsche nationalpolitische Logik der Ablehnung doppelter
Staatsbürgerschaft gehört, stellen beide Modelle - das der Ambivalenz und das des
‘kompetenten Grenzgängers’ - Absurditäten dar: das eine im Verzicht auf die
Festlegung sowie Schließung und Erhärtung der ethnischen Identität durch
vermeintliche kulturelle Authentizität (Was wäre, so kann man in diesem
Zusammenhang fragen, für Dörfer des Schleifer Kirchspiels eigentlich die
authentisch-richtige Sprache? Der nur gesprochene Schleifer Dialekt, das
Obersorbische der Kirche und der heimischen Schulen oder das Niedersorbische des
traditionell bevorzugten Cottbuser Gymnsiums?); das andere in der Reformulierung
einer Identität im jeweiligen Kontext, wie es im Namen zum Ausdruck kommt - auch
dies ist eine Identität im Widerspruch. Sinnvoll erscheinen diese Muster allerdings
erst im Bezug auf die deutsche Mehrheit: Beide stellen Defensivstrategien einer
Minderheit dar, die die Mehrheit vor zuviel Alterität schützt.
31 Stefan Buchholt, Transformation und Gemeinschaft: Auswirkungen der „Wende“ auf so¬
ziale Beziehungen in einem Dorf der katholischen Oberlausitz, in: Wilfried Heller (Hg.),
Identität, Regionalbewußtsein, Ethnizität (Praxis Kultur- und Sozialgeographie 13), Pots¬
dam 1996, S. 59.
32 Ludwig Elle und Ulrich Mai haben den Ausdruck des ‘ Wanderns’ zwischen den Identitäten
benutzt, um die uneindeutige ethnische Haltung in einem weiteren Dorf des Schleifer
Kirchspiels zu charakterisieren. Er läßt sich aber darüber hinausgehend ebenso im Zusam¬
menhang mit scheinbar nur eindeutigen sorbischen Identitäten anwenden, wie ich zu zeigen
versuche, vgl. Ludwig Elle/Ulrich Mai, Sozialer und ethnischer Wandlungsprozeß in Tre¬
bendorf, in: Lbtopis 43 (1996) 2, S. 18.
33 Der Logik zufolge - natürlich gibt es in der Praxis genügend Mischformen, in denen ein sor¬
bischer Name auch in deutschen Kontexten bestehen bleibt. Daß es das Phänomen des Per-
sonennamen-Übersetzens und -Wechselns aber überhaupt gibt und es zudem eine durchaus
übliche Praxis darstellt, ist erklärungsbedürftig und kann als Resultat einer solchen dualisti¬
schen Logik verstanden werden.
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