Langen seinen Verlag und seine Zeitschrift leitete, im Nachhinein als eine Zeit, in der
dem Einzelnen und der privaten Initiative noch ein bedeutender Freiraum gewährt
wurde. Albert Langen, ein bürgerlich-liberaler Verleger, Grenzgänger und
Vermittler zwischen drei Kulturkreisen, verstand es, diesen Freiraum zu nutzen.
Allerdings mußte auch Langen die bittere Erfahrung machen, daß sich bereits zehn
Jahre nach der Verlagsgründung die Chancen für Grenzgänger seiner Art, die ihre
Kenntnis vom anderen Land nützten, um es dem eigenen Land näherzubringen, auf
beiden Seiten des Rheins nicht mehr gefragt waren. Beliebter wurden allmählich in
Deutschland und in Frankreich jene Grenzgänger, die eher die Bezeichnung
“Grenzzieher”20 verdienen, und die ihre fundierten Kenntnisse vom Nachbarland
verwendeten, um es lächerlich zu machen oder zu verteufeln. Es klänge zynisch,
wollte man im Fall des Verlegers Albert Langen von der “Gnade des frühen Todes”
sprechen. Fest steht jedoch, daß ihn sein frühes Ende davor bewahrte zu erleben, wie
der Erste Weltkrieg die Brücken zu Frankreich, an deren Konstruktion er
mitgearbeitet hatte, wieder zerstörte.
20 Diese Bezeichnung wurde auf dem Kolloquium von einem Diskussionsteilnehmer für den
Zeichner Hansi (J. J. Waltz) verwendet.
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