Full text: Sprachenpolitik in Grenzregionen

stem sei eine unnötige und kostenaufwendige Doppelung der Institutionen, die 
schlecht in eine Zeit knapper Budgets passe. Daß dieser Einwand nur vorge¬ 
schoben war, zeigte das Schicksal des darauf erarbeiteten österreichischen 
Kompromißvorschlages eines Minderheitenschutz-Zusatzprotokolls zur EMRK, 
das die vorhandenen Straßburger Institutionen des Systems der Menschen¬ 
rechtskonvention mitbenutzen wollte (siehe dazu Steiner 1993, 34 ff.). Der 
Vorschlag stieß auf entsetzte Ablehnung einer merkwürdigen Koalition aus 
Staaten wie Griechenland, der Türkei - und vor allem: Frankreich. Nicht die 
Kosten waren dabei der eigentliche Stolperstein, sondern diese Staaten wollten 
überhaupt keine präzisen Festlegungen zum Minderheitenschutz mit eigenem, 
institutionell verselbständigtem Überwachungssystem. Wolkige rhetorische 
Formeln vielleicht, so dachte man offensichtlich, aber ja nicht Emst machen 
mit dem Konzept institutionell verselbständigter Minderheitengarantien. Die 
diplomatischen Bemühungen um Gesichts Währung mündeten dann 1993 in das 
minimalistische Projekt einer Rahmenkonvention des Europarates zum Minder¬ 
heitenschutz. Die Rahmenkonvention, Ende 1994 zur Zeichnung aufgelegt, 
verzichtet auf eigene Institutionen und beschränkt sich auf eine Reihe recht ab¬ 
strakter Programmaussagen, die nur ganz ungefähr die Zielrichtung einer künf¬ 
tigen Minderheitenpolitik umreißen, und dies praktisch auch nur für die Staaten 
Osteuropas, aber nicht für die etablierten Rechtsordnungen Westeuropas (zum 
Rahmenübereinkommen vgl. Klebes 1995, 262 ff.). Die Unterschiede der Ent¬ 
würfe seien im Verlauf der Untersuchung an einzelnen Beispielen noch vorge¬ 
führt. 
Im Klartext: Der Versuch einer Normierung allgemeinverbindlicher Standards 
zum Schutz ethnischer und sprachlicher Minderheiten war gescheitert. Woran 
lag es nun, daß die emphatische Wiederentdeckung des Minderheitenschutzes in 
der praktischen Umsetzung so schnell in einem politischen Fiasko endete? Dem 
sei in der Folge an einigen exemplarischen Fragen aus der nationalen Gesetzge¬ 
bung zum Status der Minderheiten nachgegangen. Der Beitrag greift dabei auf 
die Ergebnisse eines umfangreichen rechtsvergleichenden Projektes zurück, das 
während mehrerer Jahre am Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches 
öffentliches Recht und Völkerrecht verfolgt wurde. Im Verlauf dieses Projektes 
wurde in einer Folge von Länderstudien und darauf aufbauend dann mit einer 
Serie von Querschnittanalysen die Rechtslage der ethnischen, kulturellen und 
sprachlichen Minderheiten in Europa im Detail untersucht (die Ergebnisse des 
Projektes sind veröffentlicht in Frowein/Hofmann/Oeter, 1993 und 1994). 
Die Projektgruppe ist dabei - trotz der Vielzahl der im Einzelfall verfolgten 
unterschiedlichen Ansätze - immer wieder auf die gleichen Problemstrukturen 
gestoßen. Die insoweit aufgeworfenen Fragen seien hier kurz skizziert, ebenso 
wie die (im Ansatz durchaus beschränkte) Palette der Instrumente, mit der diese 
Staaten die Fragen der Minderheitenpolitik angehen (siehe rechtsvergleichend 
dazu auch Hofmann 1992, 24 ff.). 
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