80 auf Oberwart entfallen. Da viele ihre Abkunft und Sprache verleugnen, wird
die tatsächliche Zahl der Roma und Sinti auf 4.000 geschätzt.34
Das Romanes, das zur indogermanischen Sprachenfamilie zählt und zentralin¬
doiranischen Ursprungs ist, gehört bezüglich der österreichischen und da der
Oberwarter Roma der ungarischen Varietät des Balkanromani an, was sich be¬
sonders in dem dem Ungarischen verwandten Sprachrhythmus und in der deut¬
lichen Ausprägung der unbetonten Nebensilben äußert. Da Mehrsprachigkeit bei
den Roma durch die ursprünglich nomadisierende Lebensweise Tradition be¬
sitzt, sind vor allem die Älteren mehrsprachig und beherrschen neben Romanes
hauptsächlich noch Deutsch und Ungarisch. Vor allem bei den Jüngeren nimmt
aber der Gebrauch von Deutsch auf Kosten von Romanes stark zu, und wer
nicht in einer Roma-Gruppe lebt, unterdrückt es sogar aus Angst vor möglicher
Diskriminierung. Da Romanes bloß eine mündlich gebrauchte Sprache ist und
es bei den herumziehenden Roma auch keinen Schulbesuch gab, fällt den Kin¬
dern zum Teil heute noch trotz Förderung Schulpflicht und Unterricht, und das
natürlich bloß in deutscher Sprache, oftmals schwer.
Die Roma und Sinti sind katholisch und werden im Burgenland neuerdings
verstärkt seelsorgerisch in deutscher Sprache betreut. Sie beteiligen sich auch an
der internationalen, traditionellen jährlichen Wallfahrt nach Saintes Maries de-
la-Mer in der Camargue in Südfrankreich. Ihre Interessenvertretungen sind der
„Roma und Sinti-Verein zur Förderung von Zigeunern“ und der „Kulturverein
österreichischer Roma und Sinti“.
7. Zur soziolinguistischen Situation
Untersuchungen zur Einstellung und zum Gebrauch der Volksgruppensprachen
wurden unter soziolinguistischen Aspekten 1974 bei den Ungarn von Oberwart
im Burgenland35 und 1976/77 unter soziologischen und sprachpolitischen
Aspekten mit Hilfe der Methodik von Repräsentativumfragen bei 424 Personen
aus 12 Gemeinden des Bezirkes Völkermarkt in Kärnten durchgeführt.36 Dort
zeigen sich die folgenden Hauptergebnisse:
55% der Befragten geben an, den örtlichen slowenischen Dialekt gut, 20% ein
wenig und 25% gar nicht zu verstehen. Im Vergleich dazu ist das Verstehen der
34 Lipoid 1993, S. 129.
35 Vgl. Gäl 1976 und den Auszug Gäl 1977.
36 Vgl. die von Ludwig Flaschberger durchgeführte Untersuchung bei Flaschberger/Reiterer
1980, S. 49ff. Leider gibt Flaschberger die Prozentzahlen teilweise auf eine Dezimale
genau, teilweise auf- und abgerundet auf ganze Prozentzahlen, teilweise nur mit 1/3, 1/4
usw. und teilweise überhaupt nur graphisch in Abbildungen an. Ich runde daher im ersten
Fall stets auf volle Prozentzahlen auf oder ab und setze den nur annähernd eruierbaren
graphisch vermerkten Prozentangaben ein ca. davor.
353