in Wien, die bei knapp 1,5 Millionen Einwohnern fast 7% ausmachten. Die Le¬
bensumstände in der neuen Umgebung brachten es mit sich, daß sich der größte
Teil und da vornehmlich die Arbeiterschaft sprachlich rasch an das Deutsche
assimilierte. Als Zeugen der Integration verblieben über 15.000 tschechische
Familiennamen, die heute von über 201.000 Personen geführt werden,29 sowie
starke umstrukturierende Einflüsse auf die Wiener Stadtsprache, insbesondere
den Dialekt.30 Hingegen bewahrten vor allem Selbständige, die einen sozialen
Aufstieg erreicht hatten, und Intellektuelle ihre Sprache und schlossen sich zu
Gruppen zusammen. Obwohl 1921 und nochmals 1948 die neugegründete bzw.
wiedererrichtete Tschechoslowakische Republik die Tschechen und Slowaken
zur Rückkehr einlud und viele auch dem Aufruf folgten, verblieben doch gegen
4.000 Personen in Wien. Als 1968 nach der Niederschlagung des Prager Früh¬
lings ca. 10.000 politische Flüchtlinge kamen, vermehrte sich zwar die Zahl der
Tschechen und Slowaken, doch wurden die verbliebenen ca. 3.000 Neuan¬
kömmlinge von den „Alttschechen“ vielfach nicht in ihre Gruppierungen inte¬
griert. Die Tschechen und Slowaken wurden 1976 als Volksgruppe anerkannt.
Mit der 1992 erfolgten Trennung der Tschechoslowakischen Republik in eine
Tschechische und eine Slowakische Republik erfolgte auch eine teilweise Ver¬
selbständigung der zahlenmäßig wesentlich kleineren Gruppe der Slowaken.
Die Tschechen belaufen sich nach den Volkszählungen von 1971 auf 6.528,
1981 auf 4.106 und 1991 auf 6.429. Slowakisch wurde selbständig erst 1976
mit 317 Sprechern registriert, die 1981 auf 698 und 1991 auf 1.015 angestiegen
sind. Die Gesamtzahl der Tschechen und Slowaken wird aber 1991 wesentlich
höher geschätzt, nämlich auf 15.000 bis 20.000 bzw. auf 3.000 bis 5.000.31 Da
die Tschechen heute über das weite Stadtgebiet verstreut leben, wenn sich auch
größere Anteile in den Bezirken II (Leopoldstadt), III (Landstraße), X
(Favoriten), XV (Fünfhaus), XVI (Ottakring), XX (Brigittenau) und XXI
(Floridsdorf) finden, und da sie ihre Sprache bei Zweisprachigkeit hauptsäch¬
lich als Alltagssprache im Familien- und Freundeskreis und in Vereinen ge¬
brauchen, bestehen dialektale Unterschiedlichkeiten je nach Herkunft und
kommt es nur bedingt zum Sprachausgleich. Vielmehr erfolgen ohne wesentli¬
che lebendige Kontakte mit der tschechischen Schrift- und Standardsprache ei¬
nerseits strukturelle Vereinfachungen besonders in der Flexion und starke Inter¬
ferenzen mit dem Deutschen auf allen sprachlichen Ebenen und ergeben sich
andererseits aus der mündlichen Tradition Altertümlichkeiten in Syntax und
Lexik.32 Die tschechische Schrift- und Standardsprache Tschechiens wird in
Publikationen, in den Schulen und in der Kirche verwendet.
29 Vgl. Neumann 1977, S. 13.
30 Vgl. Steinhäuser 1978.
3* Tschechen & Slowaken 1991, S. 20.
32 Vgl. Fischer 1967.
351