Marek Lazinski
Die Sprachenpolitik gegenüber der deutschen
Minderheit in Polen
Nach den Angaben des Büros für Nationale Minderheiten im polnischen Mini¬
sterium für Kultur und Kunst zählt die deutsche Minderheit in Polen heute etwa
350.000 Personen. Deutsche Minderheitenvereine schätzen die Zahl auf
600.000 bis 800.000. Die größte und am besten organisierte Gruppe der Deut¬
schen wohnt heute in der Nähe von Oppeln-Opole. In den deutschen Gesell¬
schaften, vor allem in der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen Min¬
derheit (Towarzystwo Spoteczno-Kulturalne Mniejszosci Niemieckiej -
TSKMN), sind dort etwa 275.000 Personen vereint. Die Mehrheit aller deut¬
schen Organisationen aus ganz Polen ist im Verein der Deutschen Sozial-Kul¬
turellen Gesellschaften (Zwi^zek Niemieckich Stowarzyszen Spoleczno-Kul-
turalnych w RP) mit Sitz in Oppeln vereinigt. Außer in Oberschlesien wohnt
die deutsche Minderheit in Ostpommern (20.000-30.000 Personen), West-
pommem (10.000), in Breslau-Wroclaw (2.000) und Niederschlesien, in Masu¬
ren und im Ermland (einige Tausend). Es ist leider nicht möglich, die genaue
Zahl der Deutschen in Polen zu bestimmen, weil es keine aktualisierten offi¬
ziellen Angaben und keine eindeutigen Kriterien der Zuordnung zu einer be¬
stimmten Nationalität gibt. Z.B. leben in Polen bis heute 10.000 Masuren und
5.000 Ermländer, die sich nicht immer mit dem polnischen Staat identifizieren.
Der Staat betrachtete sie in der Vergangenheit als Fremde und diskriminierte
sie oft. Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg nicht vertrieben, weil man sie
als lebenden Beweis für den urpolnischen Charakter des Gebietes brauchte. Als
solcher Beweis durften sie in den vierziger und fünfziger Jahren keine Mundart
sprechen, selbstverständlich aber auch kein Deutsch. Unabhängig von der Ge¬
schichte und Zwangsassimilation wollen sich heute bestimmt nicht alle Masuren
zum Deutschtum bekennen. Manche bezeichnen sich selbst nur als Masuren,
andere darüber hinaus noch als Polen oder Deutsche. Die Situation ist um so
komplizierter, als in offiziellen Volkszählungen in Polen niemals nach der Na¬
tionalität gefragt wurde.
So wie die Masuren verhält sich auch ein Teil der Bewohner Schlesiens. Sie
wollen bloß Schlesier sein - nicht Deutsche und nicht Polen. Wenn man von
der Sprachstruktur ausgeht, sprechen 70 % der Schlesier zu Hause eine Mund¬
art (sog. Wasserpolnisch). 32 % geben Polnisch als Standardsprache an, 6,5 %
Deutsch. Deutsch sprechen und verstehen 30 % der Bewohner Schlesiens, aber
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