Bozen, in seiner Schrift Retten wir Ladinien (a cura della Uniun Maestri Ladins
dla Val Badia): „Kultur ist Wissen ... um das Recht auf die Muttersprache und
deren Absicherung für die Zukunft ... Zur Festigung der eigenen Kultur gehört
die Sicherheit, die gute Beherrschung der eigenen Muttersprache - und eine
gute Kenntnis der zweiten Sprache des Landes“ (Belardi 1993a, 60). Auch
Born 1992 stellt als Ergebnis seiner soziolinguistischen Untersuchung fest: „Es
bleibt festzuhalten, daß der Wille vorhanden ist, Ladinisch zu sprechen, zu le¬
sen, im Rundfunk und Fernsehen zu rezipieren und ihm einen höheren Stellen¬
wert in der Gesellschaft zu verschaffen. Ohne staatliche Zugeständnisse und
Unterstützung sind diese Bemühungen allerdings von vorne herein zum Schei¬
tern verurteilt.“
4. Zu den zu ergreifenden Schutzmaßnahmen gehören: Schulunterricht in der
entsprechenden Sprache und die Verwendung der Minderheitssprache in Ver¬
waltung und Kirche sowie in Massenmedien.
5. Mit geschickter Information, mit politischem Druck und geduldiger kulturel¬
ler Aufklärungsarbeit kann einiges erreicht werden, wie dies die Aktivitäten der
Kulturinstitute, z.B. des Istitut ladin Micurä de Rü, für die Provinz Bozen und
das Kulturinstitut im Fassatal im letzten Jahrzehnt bewiesen haben. Entschei¬
dend ist freilich die Sprachloyalität, die Sprachverwendung in der Familie und
in der Öffentlichkeit und nicht nur die auf dem Stimmzettel angekreuzte
Sprach- und Kulturzugehörigkeit, die auch durch materielle Anreize beeinflußt
ist.
Grundsätzlich ist das positive Urteil von Belardi (1993b, 267) richtig: „Südtirol
mit seinem Zusammenleben zwischen den drei Volksgruppen (deutscher, ita¬
lienischer und ladinischer Sprache) kann heute ein relativ entspanntes und posi¬
tives Beispiel einer pluri-ethnischen und pluri-kulturellen Gesellschaft geben ...
Die Mehrsprachigkeit des Landes ist gesetzlich verankert und auch in der Praxis
immer stärker und konkreter realisiert: Südtirol dürfte heute das Land mit dem
vergleichsweise höchsten Prozentsatz an tatsächlich zweisprachigen (Ladiner:
dreisprachigen) Menschen sein.“
Ich hoffe, daß es gelingen wird, die heute noch bestehenden Ungerechtigkeiten
zwischen privilegierten, halbprivilegierten und unterprivilegierten Sprachmin-
derheiten abzubauen. Wenn von Staats wegen sprachliche und kulturelle Min¬
derheiten unterstützt und gefördert werden, muß das Gleichheitsprinzip gelten,
und Benachteiligungen müssen ausgeschlossen sein. Nur eine geeinte Kultur-
und Sprachgemeinschaft ohne Rivalitäten von Talschaft zu Talschaft ist im¬
stande, eine überregionale schriftsprachliche Norm zu akzeptieren und gleich¬
zeitig eine gesprochene, traditionell gewachsene Dialektvariante in ungebroche¬
ner Sprachloyalität zu verwenden und gegebenenfalls gegen äußere Wider¬
stände erfolgreich zu verteidigen.
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