ner Muttersprache zu reden; es fehlt aber an absichemden Schutzmaßnahmen
und materiellen Anreizen von Seiten des Staates.
Worin bestehen nun diese staatlichen, absichemden Maßnahmen? Ich erwähne
drei: Ladinisch als Unterrichtssprache, Ladinisch als Verwaltungssprache sowie
Unterstützung von kulturellen Institutionen und Massenmedien ladinischer Prä¬
gung.
Zweifellos hat der Sprachunterricht in ladinischer Sprache im Vorschulalter
sowie in der Elementar- und Sekundarstufe eine vorrangige Bedeutung. In den
Ladinertälern der Provinz Bozen war die Schule von 1921-1945 vollständig
italianisiert worden (Kramer 1981, 92). Seit 1948 hat sich die Situation jedoch
radikal verändert. Dazu Kramer (1981, 93): „Das Ladinische (und zwar jeweils
die lokale Variante, also Grödnerisch in Groden, Gadertalisch im Gadertal) ist
im Kindergarten die einzige zugelassene Sprache; in den Grundschulen, deren
Lehrer Ladiner sein müssen und sowohl das Deutsche als auch das Italienische
beherrschen sollen, wird das Ladinische im Umfange einer Wochenstunde als
Fach unterrichtet und darüberhinaus in von der ersten bis zur vierten Klasse
langsam abnehmendem Maße als Erklärungssprache eingesetzt, während sonst
die Hälfte der Fächer auf Deutsch, die Hälfte auf Italienisch unterrichtet wird,
wobei nicht festgelegt ist, für welches Fach welche Sprache zu verwenden ist.
In der Mittelschule (also von der fünften Klasse an) ist seit der Mittelschulre¬
form von 1963 das Ladinische ebenfalls Fach mit einer Wochenstunde; die Fä¬
cher werden zur Hälfte in italienischer, zur Hälfte in deutscher Sprache unter¬
richtet. Diese Aufteilung hat zur Folge, daß die Fächer in italienischer Unter¬
richtssprache von Lehrpersonen italienischer Muttersprache und die Fächer in
deutscher Unterrichtssprache von Lehrpersonen deutscher Muttersprache unter¬
richtet werden, wobei die Ladiner jeweils den Vorrang haben.“
Die fast 50jährige Erfahrung dieser paritätischen Schule hat gute Ergebnisse
erzielt, bessere als die einsprachige Schule im übrigen Südtirol (Kramer 1981,
95). Im Fassatal sind die Elementar- und Sekundarschulen nicht paritätisch,
sondern italienisch; es wird aber eine Wochenstunde Ladinischunterricht erteilt.
Dazu Craffonara (1981, 98): „Auch hier hat das leitende und unterrichtende
Personal absoluten Vorrang, wenn es aus den ladinischen Gemeinden Fassas
stammt und die ladinische Sprache und Kultur kennt. Das Unterrichtsministe¬
rium und die Provinz veranstalten gemeinsam Fortbildungskurse für die Ladi-
nischlehrer.“
Man kann also sagen, daß in der Provinz Bozen die ladinische Sprache an allen
Schulen und in allen Schulstufen der ladinischen Ortschaften gemäß Artikel 19
des neuen Autonomiestatutes als „Behelfssprache“ (strumento d’insegnamento),
nicht als „Unterrichtssprache“ zugelassen ist (Holtus/Kramer 1986, 63). Die
Umfrage Born 1992 hat ergeben, daß auch in der schon privilegierten Provinz
Bozen eine weitere quantitative Aufwertung des Ladinischen wünschbar wäre:
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