chen Sinne handele, ein Widerspruch, der sich jedoch bei Einbeziehung der
Bewertungskategorie Einschätzung1 auflöst: Weiterhin wird nämlich Spnder-
jysk von den Sprechern dieser Ethnie nicht zwangsläufig als dänischer Dialekt
aufgefaßt, sondern als eine - unter nationalem Aspekt gesehen - eher neutrale,
wertfreie Volkssprache der Landschaft, als Heimat- und Identifikationssprache.
Es steht damit in Gegensatz zu den Hochsprachen Dänisch und (Hoch-)Deutsch,
deren Gebrauch über die nationale Gesinnung des Sprechers Auskunft gibt. In
Konkurrenz zum Deutschen tritt Spnderjysk allenfalls in privaten Sprechsitua¬
tionen als Familiensprache. Diese Konstellation belegt, daß ein direkter Zu¬
sammenhang zwischen der Sprachkompetenz/dem Sprachgebrauch und a) dem
Selbstverständnis bzw. b) den Sprechanlässen, d.h. den situationsspezifischen,
adressatenbezogenen, themengebundenen oder domänenorientierten Steuerungs¬
faktoren der Sprachenwahl besteht. Das Selbstbekenntnis der Minderheitsange¬
hörigen beeinflußt in hohem Maße auch deren sprachliches Handeln: Sprecher
der Selbsteinschätzungskategorie , Deutscher4 verwenden im privaten Bereich
am häufigsten Deutsch, gefolgt von Spnderjysk bzw. der Kombination Deutsch/
Spnderjysk, bei öffentlichen Anlässen jedoch bevorzugt Spnderjysk vor dem
Dänischen. Die Gruppe der Kategorie ,Däne deutscher Sprache4 hingegen
spricht sowohl im privaten als auch im öffentlichen Leben überwiegend Spn-
derjysk. Wer sich als ,Däne‘ einstuft, gebraucht im privaten Bereich überwie¬
gend Spnderjysk, in der Öffentlichkeit Reichsdänisch. In diesem Fall steht Spn-
derjysk für soziale Nähe zwischen den Kommunikationspartnem und Hochdä¬
nisch für empfundene soziale Distanz. Die Mehrsprachigkeit der Minderheitsan¬
gehörigen ist demzufolge funktional und individuell geregelt, sie zeigt sich im
öffentlichen Gebrauchsbereich ausdifferenzierter als im privaten. Am ehesten
bewahrt wird das Deutsche in der Kategorie ,Deutscher4, während es in den
beiden anderen Selbsteinschätzungsklassen auf allen sozialen Ebenen einem
Verdrängungsprozeß unterliegt.
Durch die mit den Einstellungskategorien erfaßten Altersgruppen der deutschen
Minderheit wird gleichzeitig eine Sprachverlagerung erkennbar, die sich beim
Übergang vom Kommunikationspartner Eltern (der Elterngeneration) zum
Kommunikationspartner Ehegatte (der Befragtengeneration) zeigt. Nur noch
50% der von Zeh befragten Respondenten, die mit ihren Eltern Deutsch spre¬
chen, geben an, dies auch mit ihren Ehegatten zu tun (24 % dieser Gruppe
wechselt zum Spnderjysk über, 26 % zum Hochdänischen). Die Wahl des Ehe¬
partners wird damit zum entscheidenden Faktor für den Sprachwechsel, da die
Sprache der Ehepartner durchweg auch bestimmend wird für den Erstspracher-
werb der Kinder. Die einmal stattgefundene Veränderung wird also nicht mehr
aufgehoben. Im Gegensatz zu den Regelungsverhältnissen südlich der Grenze
wird der Sprachwechsel mithin vorzugsweise durch die Wahl des Ehepartners
(Mischehen) herbeigeführt.
Sprachstabilisierend zugunsten des Deutschen wirken angesichts des zunehmen¬
den Rückgangs der älteren Einstellungen hingegen die Institutionen, darunter
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