storische und sprachpolitische Argumentation in der Auseinandersetzung um
Elsaß-Lothringen zwischen 1870 und 1918“. Die Darstellung der Argumente,
die auf beiden Seiten ins Treffen geführt wurden, zeigte deutlich, wie stark vor
allem sprachliche Begründungen politisch instrumentalisiert werden konnten
und wie vorbehaltlos sich die Wissenschaft zum Teil der Propaganda zur Ver¬
fügung stellte. Wie sich diese sprachliche Konstellation in der deutsch- und
französischsprachigen Literatur bis zur Gegenwart niedergeschlagen hat, damit
befaßte sich der Vortrag von Günter Scholdt (Saarbrücken) ,„Cuius regio, eius
lingua4. Literarische Spiegelungen der Sprachenpolitik im deutsch-französi¬
schen Grenzraum seit 1871“. Je nach (sprachen)politischem Standort bzw.
sprachlicher oder nationaler Zugehörigkeit der Schreibenden wurde die jewei¬
lige Sprachenpolitik begrüßt, nicht wahrgenommen oder als Unterdrückung
empfunden. Lange war es nur eine Minderheit, die der Meinung war, Sprache
und Staatsangehörigkeit müßten nicht unbedingt zusammenfallen. Noch gerin¬
ger war bis in die neueste Zeit die Zahl derer, die einem Nebeneinander von
Deutsch und Französisch positive Aspekte abgewinnen konnte.
Nachdem in der Warschauer Tagung von 1993 Fragestellungen im Zusammen¬
hang mit slavischen Sprachen eine bedeutende Rolle gespielt hatten, beschäftig¬
ten sich auch an diesem Symposium einige Vortragende mit dieser Problema¬
tik. Einen Überblick über „Sprachenpolitik in den Grenzgebieten der Slavia“
gab Roland Marti (Saarbrücken). Er unterschied insbesondere zwei Formen von
Sprachenpolitik, eine externe gegenüber nicht-slavischen Sprachen und eine
interne gegenüber slavischen Sprachen. Auffällig ist insbesondere die interne
Sprachenpolitik. Sie führte zum einen zur Schaffung neuer Standardsprachen
für Gebiete, in denen früher andere slavische Standardsprachen verwendet wur¬
den. Zum andern wurde im slavischen Bereich versucht, bestehende Standard¬
sprachen zu vereinigen: der bekannteste Fall ist das Serbokroatische. Zwei
weitere Beiträge beleuchteten das Verhältnis zwischen Deutsch und Polnisch,
einmal in Deutschland und einmal in Polen. Alicja Nagörko (Warschau) unter¬
suchte „Polen in Deutschland im Licht der Sprache“. Als Ausgangspunkt diente
ihr dabei die sprachliche Situation der polnischen Arbeitsmigration im Ruhr¬
gebiet vor und nach der Jahrhundertwende, die bis heute ihre Spuren in der
Sprache des Ruhrgebiets hinterlassen hat. Dies verglich sie mit der Situation
der Solidamosc-Emigration sowie der Aussiedler aus Polen. Dabei zeigten sich
bedeutsame Unterschiede, hauptsächlich hinsichtlich einer größeren Assimilati¬
onsbereitschaft der neuen Emigration. Der Vortrag „Die Sprachenpolitik ge¬
genüber der deutschen Minderheit in Polen“ von Marek Laziriski (Warschau)
behandelte ein politisch sehr heikles Thema. Der Referent beschrieb die Lage
vor der Wende und die seitherige Entwicklung. Er verwies insbesondere auf
das aus historischen Gründen gespannte Verhältnis zwischen der deutschen
Minderheit und der polnischen Bevölkerung, erwähnte aber auch positive Ent¬
wicklungen, insbesondere hinsichtlich der Situation der deutschen Sprache in
der Schule.
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