Alamannen, Bajuwaren und Thüringern rechts des Rheins. Außerdem kann man
es mit einer nach Westen abnehmenden Intensität, relativ dicht bis zur Seine,
beobachten. Jenseits der Seine ist das Totenritual A für das 6. Jahrhundert gut in
der Normandie, selten oder gar nicht aber in Aquitanien und dem Bereich des
burgundischen Teilreichs und der Provence vertreten. Da das Totenritual der
einheimischen - romanischen - Bevölkerung anhand eines Gräberfeldes aus der
Haute Normandie definiert werden soll, sei für das Totenritual A in diesem
Bereich auf ein Männer- und ein Frauengrab aus dem Gräberfeld von Giberville,
Dep. Calvados9, mit ähnlichen Ausstattungen verwiesen: In Grab 310 11 war ein
Mann beigesetzt, von dessen Tracht nur die Gürtelschnalle mit zwei Zierbesätzen
des Gürtels nachweisbar war. Oberhalb des Gürtels lagen ein Messer und zwei
Pfrieme, sicherlich Inhalt einer Tasche, die normalerweise am Gürtel befestigt
war. Ein weiteres Gerät, eine bronzene Ösennadel zum Nähen von Leder, lag
neben dem Kopf des Toten. Von den Waffen war das einschneidige Hiebschwert
(Schmalsax) an seiner nicht erhaltenen Scheide am Gürtel befestigt, das
zweischneidige Schwert (Spatha) und die Lanze waren neben den Verstorbenen
gelegt. Schließlich stand oberhalb des Kopfes ein Glasbecher, ein Speisebehälter
wird aus Holz bestanden haben und ist deswegen nicht nachweisbar. In Grab 311
war eine Frau beigesetzt, die ein Kleid mit zwei Scheibenfibeln und einen Mantel
trug, der nur mit einem Gürtel verschlossen war. Das Gehänge war hier mittels
eines eisernen Ringes am Gürtel befestigt; es hing daran eine Schere und ein
Messer sowie ein bronzener Schlüssel, der keine reale, sondern eine irgendwie
magische Funktion12 besaß. An Schmuck war ihr nur eine Perlenkette angelegt.
2.2 Das Totenritual B (Romanen)
Das Totenritual der romanischen Bevölkerung des Merowingerreiches - es sei als
Totenritual B bezeichnet - läßt sich folgendermaßen definieren: Seit dem ausge¬
henden 4. Jahrhundert hatte sich ein voll von christlichen Jenseitsvorstellungen
geprägtes Totenritual ausgebildet, d.h. die Verstorbenen wurden im Totenhemd
aufgebahrt und bestattet, und es wurden ihnen weder Waffen und Gerät noch
Speise und Trank in das Grab gestellt. An diesem Totenritual wurde in den Berei¬
chen mit einer lebendigen antiken Tradition im Rhonetal und in der Provence
während der gesamten Merowingerzeit festgehalten, während in den übrigen Tei¬
len im Verlaufe des 6. Jahrhunderts eine gewisse Annäherung an das Totenritual
A erfolgte, d.h. in einem ersten Assimilationsprozeß wurden Elemente des fränki¬
schen Synkretismus in die eigenen Jenseitsvorstellungen übernommen. Dies äußert
sich in der Aufbahrung in der Tracht der Lebenden, durch die Beigabe von Gerät
und, allerdings sehr begrenzt, von Waffen: nur das einschneidige Hiebschwert
9 Pilet u.a., in: Archéologie médiévale 20 (1990), S. 3fF.
111 Ebd. Taf, 1, 3A; 2, 3Aund Grabplan Taf. 32, 3A.
11 Ebd. Taf. 8; Grabplan Taf. 33, 37. - Bügelfibeln wurden ebenfalls in der Normandie getragen, doch
waren die betreffenden Gräber in dem Friedhof auf Flur "Martray" offensichtlich beraubt, vgl. Grab 139
(ebd. S. 134 Tabelle 3, Taf. 18, 139) und Grab 192 (ebd. S. 132 Tabelle 2, Taf. 21, 192).
12 Steuer, in: Studien zur Sachsenforschung 3 (1982), S. 185ff.
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