Full text: Grenzen und Grenzregionen

wiederholt und offenbar erstmalig das slawische Wort in (noch behutsam) einge¬ 
deutschter Form als graniz69. Aus dem Jahre 1262 datiert dann eine weitere ein¬ 
gedeutschte Form, die das Grimmsche Wörterbuch als (vermeintlich) frühesten 
deutschsprachigen Beleg ausweist. Die in der Ordenskanzlei abgefaßte Urkunde 
des Deutschen Ordens vom 9. Februar 1262 spricht von Thomer Hufenland an 
irre granizze, während die Gegenurkunde der Stadt Thom vom 15. März 1262 
die Entsprechung an unser granizze bietet. Beide Urkunden sind als Originale 
überliefert, und da die vom 9.2.1262 sogar die älteste erhaltene preußische 
Originalurkunde in deutscher Sprache ist, ist die eingedeutschte Form nicht 
einmal als Zitat, sondern als geläufiges deutsches Wort wohl empfunden 
worden70. Die berühmte Kulmer Handfeste hatte in ihrer deutschen Fassung von 
1251 übrigens lat. termini noch mit gemerke wiedergegeben. 
In der Folgezeit finden sich in lateinischen Urkunden zumeist die Formen 
granica und granicia; zu 1276 ist auch granitza (usque ad granitzam) belegt, das 
dann häufiger auftritt, mitunter neben a granicia sive termino beziehungsweise 
formelhaft: cum graniciis (1282)71. 
Insgesamt ergibt sich der Eindruck, daß die slawische Grenzbezeichnung gut und 
vielseitig verwendbar war. Bei ihrer Latinisierung begegnet neben dem 
Substantiv gelegentlich auch die Verbform sicut graniciata est ..., sicut 
granitiatum est -1315)72. Die Entlehnung erfolgte offenbar so schnell, daß man 
im Gegensatz zu frühen Belegen schon längst nicht mehr erwähnt, man zitiere 
ein slawisches Wort. Fast zeitgleich mit der Latinisierung wird der Grenzbegrifif 
immer stärker eingedeutscht. Die Belegreihe geht von dem genannten Plural 
granizze (1258) über die Form granitza (seit 1276)73, grenize (cum grenize, hoc 
est cum terminis suis -1292)74, grentczen (1296), hauptgrenicz (1328), greniczen 
(1331), grenitcz (1334)75 usw. Die deutsche Verbform ist 1316 in einer 
Originalurkunde erstmals belegt (... so maze wir unde begrenytzten daz vorge¬ 
nante gut ...)76, ein nächstes Zeugnis liegt zu 1344 vor, ebenfalls in 
Originalüberlieferung (unde begreniczt ...)77. In der Folge sind "Grenze” und 
"begrenzen" im deutschen Sprachgebrauch ostmitteleuropäischer Kanzleien 
durchaus geläufig. Auffällig bleibt jedoch, daß die Kanzlei König Sigismunds 
^9 Samländisches Urkundenbuch, B& I, Nr. 58. 
70 Preußisches Urkundenbuch, Bd. 1,2, Nr. 156/157; zum nachfolgenden Hinweis s. Preuß. UB, Bd. 1,1, 
Nr. 2 52 (S.185). 
7* Pommerellisches Urkundenbuch, Nr. 278; Nr. 336 u. 337. 
72 Preußisches Urkundenbuch, Bd. II, Nr. 134. 
J'l 
' Pommerellisches Urkundenbuch, Nr. 278. 
74 Pommerellisches Urkundenbuch, Nr. 485. 
7^ Preußisches Urkundenbuch, Bd. 1,2, Nr. 669; Preußisches Urkundenbuch, Bd.II, Nr. 609; 
Preußisches Urkundenbuch, Bd. II, Nr. 740; Preußisches Urkundenbuch, Bd. II, Nr. 859. 
7^ Preußisches Urkundenbuch, Bd, II, Nr. 146 (Or.). 
77 Preußisches Urkundenbuch, Bd. 111,2, Nr. 650 (Or.). 
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