Full text: Grenzen und Grenzregionen

Süd-Route im Etschtal, was ebenfalls gegen eine Interpretation als langobardische 
Wehranlage spricht. Eindeutig ist auch der namensgeschichtliche Befund: Alle 
Castra-Namen sind vorrömischen, römischen oder romanischen Ursprungs und be¬ 
legen am Ort oder in der Gemarkung die romanische Siedelkontinuität über das 
frühe Mittelalter hinaus24. 
Die durch Grabfunde archäologisch gut erschließbare romanische Siedlung befin¬ 
det sich wie die Castra und dies ganz im Gegensatz zur langobardischen Siedlung 
mehrheitlich ebenfalls in deutlichen Rückzugspositionen unterschiedlich weit ab¬ 
seits des Etschtales (Abb. 2), so in Mittelgebirgslagen um Brentonicum und um 
Mori25 sowie in den höheren Terrassen- und Mittelgebirgslagen um Villalaga- 
rina26 oder dann gänzlich abseits des Etschtales. Besonders deutlich wird dieser 
grundsätzliche Befund vor allem in den Hochtälern des Valle di Ledro und seines 
Seitentales des Val di Concei (Abb. 10) westlich von Riva, bis zu knapp 800 m 
hoch gelegen; bei beiden Tälern - vor allem bei dem Val di Concei handelt es sich 
um mehr oder minder in sich abgeschlossene Siedlungskammem, in dem auch die 
von Romaninnen getragenen lokalen Bügelfibeltypen massiert verbreitet sind, also 
die sog. Ärmchenfibeln und gotisierenden Fibeln27. Ähnliches gilt für die romani¬ 
schen Siedlungen an dem alten Verkehrsweg von Trient zum Becken von Riva 
über Vitianum und im Hochtal des Avisio28 und für die Siedlungen unterhalb des 
Sehlem auf der Hochebene zwischen Kastelruth und Völs29. Dicht romanisch auf¬ 
gesiedelt war insbesondere der Nonsberg (20 Belege) mit einer ebenso bemerkens¬ 
werten Siedelkontinuität aus vorrömischer Zeit30; dies wird unterstrichen durch 
die Häufung vorromanischer Ortsnamen31, die sich bemerkenswerterweise wieder¬ 
um weitgehend mit den archäologischen Fundorten decken und durch die Kirchen 
des 576. Jahrhunderts mit Kirchenkontinuität über das Frühmittelalter hinaus32. 
Das Gesamtbild der archäologischen Karte(n) zur romanischen Besiedlung dürfte 
(Abb. 2) in der geschilderten Verteilung durchaus repräsentativ sein, zumal es 
auch durch die Ortsnamenbefunde ganz wesentlich gestützt wird. Wegen fehlender 
systematischer Denkmalpflege bis in die 60er - 70er Jahre entspricht es hinsicht¬ 
lich seiner Dichte natürlich nicht annähernd dem, was man im Normalfall voraus¬ 
setzen kann; hinzuzufügen ist vor allem, daß in jenen Regionen und Mikroregio¬ 
nen, die abseits von größeren Zentren wie Trient und Rovereto und generell abseits 
des Etschtales liegen, die Quellenüberlieferung nochmals um Beträchtliches mehr 
24 Pfister, Popolazione, S. 180ff: Nr. 4,106, 118, 166,170, 202,210, 224, 250, 292,313. 
2^ Bierbrauer, Insediamento, S. 141 ff. mit Karte VIII. 
26 Ebd., Karte IX. 
27 Ebd., S. 128ff. mit Abb. 8 und 14 und S. 142 mit Karte VIII; ausführlich: Bierbrauer, Romanische 
Bügelfibeltypen, S. 52ff. mit Abb. 12-13. 
28 
Bierbrauer, Insediamento, S. 140f. mit Karten IV, VI und VIII; dazu Pfister, Popolazione, Karte VI. 
29 Ebd., Karte II und Pfister, Popolazione, Karte III. 
30 
Bierbrauer, Insediamento, S. 138f. mit Karten II und V. 
31 Pfister, Popolazione, S. 176 mit Karten II und V. 
32 Noll, Reliquiar, 32Gff. 
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