einer schlechten archäologischen Denkmalpflege abhängig, da hier im Etschtal
auch vorromanische und romanische Ortsnamen nur sehr spärlich vertreten sind,
auf der langen Strecke von Bozen bis Trient nur 11 und ebenfalls nur 8 Belege
zwischen Trient - Rovereto bis zur Südgrenze des Trientiner Dukates bei Ala-
Avio, wobei sich zudem archäologische Fundorte und romanische Ortsnamen
überwiegend decken14.
Die Vermutung also, daß langobardische Siedlung sehr viel stärker als die romani¬
sche, ja fast ausschließlich durch verkehrsgeographisch-strategische Gesichtspunk¬
te geprägt war bzw. gelenkt wurde, wird zusätzlich bestätigt, wenn man ihre Lage
1. im Etschtal selbst und 2. außerhalb des Etschtales näher betrachtet: Im Etschtal
selbst liegen langobardische Siedlungen - außer im Weichbild der Hauptstadt des
Dukates Trient und in der Stadt selbst - besonders an der Abzweigung der wichti¬
gen Nonsberg-Straße im Becken von Mezzocorona - Mezzolombardo und außer¬
halb des Etschtales Östlich von Trient bei Civezzano und in der Ebene von Pergine
bzw. am Lago di Caldonazzo, d.h. an der Einmündung der wichtigen Femstraße
Via Claudia Augusta Altinate als O-W-Traversale durch das Valsugana/Brenta-
Tal in die N-S-Traversale der Via Claudia Augusta Padana im Etschtal bei Trient;
ähnliches trifft auf die beiden langobardischen Bestattungsplätze im Becken von
Riva und im Valle di Giudicarie zu, ebenso wie auf zwei langobardische Fundorte
an der Nonsberg-Straße. Mit anderen Worten: es handelt sich bei der Verteilung
der langobardischen Siedlung eindeutig um strategische Kriterien zur Sicherung
dieses wichtigen Trientiner Grenzdukates. In die Mittelgebirgslagen und vor allem
in die Hochtäler, in denen trotz schlechterer Quellenlage eine Vielzahl von roma¬
nischen Bestattungsplätzen nachweisbar ist (Abb. 2), drang langobardische Sied¬
lung regelhaft offenbar nicht vor.
2. Die romanische Siedlung
Ganz anders verhält es sich - wie für das Etschtal schon kurz angemerkt - mit der
romanischen Siedlung. Zunächst seien einige zusammenfassende Bemerkungen zu
den eingangs schon kurz angesprochenen Castro des Paulus Diaconus in Südti-
rol/Trentino (und Friaul), die von der historischen Forschung nach wie vor als ger-
manisch-langobardische Wehranlagen interpretiert werden, vorangestellt15. Auf¬
grund archäologischer Befunde (gänzlich erforschtes Castrum Ibligo in Friaul; Le-
sefünde aus den Castra in Südtirol) handelt es sich jedoch um wehrhafte Romanen¬
siedlungen in natürlich geschützten Höhenpositionen, die im 5. Jahrhundert, also
noch vor Ostgoten und Langobarden, vermehrt - wegen der Germanengefahr - von
der zuvor noch und überwiegend (?) in Tallage siedelnden einheimischen Bevölke¬
rung angelegt wurden16; ein topographisch eindrucksvolles, aber etwas abweichen¬
14 Pfister, La popolazione, Karten II, V, Vili, XI-XII.
15 Dies meist mit Verlängerung zurück in byzantinische und ostgotische Zeit bis zum spätrömischen
Befestigungssystem: zuletzt z.B. Schneider, Alpenpolitik, S. 321f.; weitere Belege in diesem Sinne:
Bierbrauer, Castra, mit Anm. 15.
16 Hierzu ausführlich: Bierbrauer, Castra, S. 497ff.; ders., Aufsiedlung, S. 19, 26ff.; ders., Invillino I, S.
21-38, 332ff.; dies trifft auch auf die Castra und Castella in Osttirol, Kärnten und Slowenien zu:
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