Quellen stehen. Reichhaltige Quellenzeugnisse lassen auch eine Dokumentation
der Geschichte des nordhumbrischen Grenzraumes zwischen Angelsachsen und
Schotten zu: Geoffrey W. S. Barrow (Edinburgh), einer der besten britischen Ken¬
ner der Problematik, behandelte "growth and structure" dieses Grenzraumes wäh¬
rend des Mittelalters nach sprachlichen, siedlungsgeschichtlichen und politisch¬
historischen Gesichtspunkten. Ein wichtiges Ergebnis all dieser Beiträge ist, daß
sich lineare Grenzen, wenn sie sich überhaupt entwickelten, in diesen Fällen aus
dispersen, aus nichtlinearen Strukturen heraus entfalteten.
Eine letzte Gruppe von Vorträgen befaßte sich intensiv mit den Wirkungen von
politischen Grenzen auf psychosozialem, wirtschaftlichem, kulturellem und litera¬
rischem Gebiet und mit den Möglichkeiten ihrer Überwindung: Der Geograph und
Psychologe Heiko Riedel (Saarbrücken) untersuchte mit sozialwissenschaftlich¬
empirischen Methoden "die räumliche Wahrnehmung einer Staatsgrenze am Bei¬
spiel des saarländisch-lothringischen Grenzraums". Der Historiker Rolf Witten¬
brock (Saarbrücken) handelte von der in Straßburg, Metz, aber auch in kleineren
Städten ins Auge fallenden unterschiedlichen, je relativ zum politischen Gesche¬
hen und zum jeweiligen Grenzverlauf sich entfaltenden, dennoch aber auch über
die Grenzen hinwegwirkenden Stadtentwicklung im Bereich des 1871 dem Deut¬
schen Reich eingegliederten Reichslandes Elsaß-Lothringen. Neue Quellen und
wohl auf seine Art mit dem Ansatz des Geographen Riedel zur Wahrnehmung der
Grenzen Vergleichbares bot Gerhard Schmidt-Henkel (Saarbrücken) in seinem
Vortrag "Grenzen in der Literatur. Methoden und Motive der Dissimilation und
der Assimilation". Grenze spiegelt sich nicht nur in der (künstlerisch nicht immer
erstrangigen) Literatur eines Grenzraumes, sondern auch und vielleicht oft noch
deutlicher in der Literatur der Grenzgänger (wie Uwe Johnson), welche die psychi¬
sche Realität der Grenze in Worte gefaßt und ins Bewußtsein gehoben haben.
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