Abgabe erbrachte50. Tatsächlich ist denn auch 1223 die Landgrundlage in den
Vordergrund gerückt worden: Flanderns und des Hennegaus Gräfin Johanna habe
gegenüber dem Barer Grafen Theobald wegen Friedensbruchs und mangelnden
Diensts diese - ich ergänze: so hoch abgabenpflichtigen - Ländereien vom Land
Namür getrennt gehabt51. Mit diesem hatten jene also zunächst vertragsgemäß
zusammengehangen.
Für die Beurteilung der einschlägigen Alberich-Nachricht über den 1. Dinanter
Vertrag ergibt sich, daß der Chronist gut, aber sichtlich nur vom Hörensagen
informiert war; die Urkunde hatte er nicht gesehen. In ähnlicher Form dürfte ihm
Ermesindes Herrschaftsbeteiligung zugetragen worden sein; so nämlich wird sich
gemeinschaftliche Verfügungsgewalt, wie Alberich sie vermerkt, sinnfällig
gemacht haben, so daß von ihr auch weitererzählt werden konnte, ohne daß
schriftliche Unterlagen weitergegeben wurden.
Hat Gräfin Johanna von Flandern und Hennegau jene 500-Pfund-Ländereien dem
Vertragspartner von 1199 vor dem März 1223 anscheinend problemlos sperren
können, so scheinen jene nicht in geographischem, sondern nur in rechtlichem
Zusammenhang mit der Grafschaft Namür zu suchen zu sein. Tatsächlich hat
Reiner von Lüttich, der zu den Hauptzeugen für Gräfin Ermesindes Geschichte
gerechnet wird52 und ihr um eine Generation älterer Zeitgenosse war53, jene
„gewissen Einkünfte zur Entschädigung“ für den Verlust der Grafschaft Namür „in
Flandern“ gesucht54. Das ist angesichts der sonstigen Tendenz des 1. Dinanter
Vertrags, die Verfügungsgewalt Graf Theobalds auf bislang Namürer Land rechts
der Maas - und das auch noch ohne das dortige Waldgebiet Arche zwischen Dave
und Lustin 5-9 km südlich von Namür - zu beschränken55, ohnehin wahrschein¬
lich, und auch die Wertbindung an Münzen von Valenciennes weist eher in
hennegauisch-flandrische denn in Namür-Lütticher Richtung. Schließlich der Argu¬
mentationszusammenhang für das Jahrgeld an den barisch-luxemburgischen Gra¬
fen: Es verpflichtete diesen zur Lehnsnahme allen Allods und Lehens aus ehedem
Namürer Besitz sowie allen Allods in Durbuy und in Laroche von Flandern, und
zwar auf Dauer: Er und seine Erben sollten ligische Lehnsleute der Grafen von
50 Leon Vanderkindere (Ed.), La Chronique de Gislebert de Mons (Commission Royale d’Histoire,
Recueil de textes pour servir ä l'etude de l’histoire de Belgique), Brüssel 1904, S. 267, Anm. 1 zu
Gislebert 180, S. 266f. - J.F. Niermeyer/C. Van DE KIEFT, Mediae latinitatis lexicon minus 1,
Leiden 1976, S. 609, Sp. 2 s. v. librata § 4. - Vgl. auch Eugen HABERKERN/Joseph Friedrich
Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker. Mittelalter und Neuzeit, München 21964, S. 395, Sp. 1.
51 ... et quam terram, pro defectu servitii sui et pro pace fracta et interrupta, de terra Namucensi dicta
comitissa Flandrie sasiverat, reddidit prefate . . .; UQB. 2 (wie Anm. 22), S. 164, Nr. 147 § 7.
52 MARGUE (wie Anm. 6), S. 151, Sp. 1.
53 Vgl. die Einleitung von G, H. Pertz zu seiner Edition der Annales s. Iacobi Leodiensis, 1859 (oben
Anm. 45), S. 633, Z. 16 und S. 634, Z. 8f. mit dem Text ebd. S. 651, Z. 3: hier verblüffenderweise
zum Geburtsjahr 1157, nicht, wie vorher fixiert, zu 1155.
54 Graf Theobald ad ultimum quosdam reditus obtinuit in Flandria recompensationis gratia. Iste comes
...; Reineri Annales zu 1214, S. 670, Z. 54f.
55 [L] Quod tota terra, que est ultra Mosam versus Ardennam usque ad nemus, quod dicitur Ars,
remanet comiti Barri; nemus vero predictum, sicut extenditur a Mosa usque ad Mosam in longum et
latum cum tota terra, comprehensa in eodem nemore, remanet comiti Namucensi, et etiam tota terra
citra Mosam versus Namucum remanet comiti Namucensi; UQB. 1 (wie Anm. 22), S. 774 =
PREVENIER (wie Anm. 13), S. 255, Nr. 114.
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