persönlichen Angriffen gegen Rektor Angelloz garnierten publizistischen Ausein¬
andersetzungen um Kulturbollwerk oder Wissenschaft16 gewannen zunehmend an
Schärfe. Kontrovers diskutierte man die Vergangenheit der „französischen“ Univer¬
sität, die Notwendigkeit europäischer Zusammenarbeit, die günstigen Studienbedin¬
gungen, die künftige Finanzierung, die Autonomie der Fakultäten und die Freiheit
von Forschung und Lehre.
Während die Kommission für allgemeine Angelegenheiten der Beratenden Ver¬
sammlung des Europa-Rats eine von dem mit der Saarfrage besonders vertrauten
Marinus van der Goes van Naters verfaßte Note über das Statut der Universität des
Saarlandes17 beriet, äußerten sich im vielstimmigen Chor der Meinungen auch die
an der Universität des Saarlandes tätigen deutschen Professoren, die in einer
Entschließung den spezifischen Charakter der Universität würdigten und die
Schaffung und Entwicklung von Forschungsinstituten auf übernationaler Ebene
anregten16 18 19. Bei der Eröffnung des neuen studentischen Parlaments wies der
Präsident der Studentenschaft die fragwürdigen journalistischen Eskapaden und die
Diffamierungen gegen den Rektor zurück, erteilte den Plänen einer reinen Landes¬
universität eine Absage, warb für den übernationalen Charakter und Stiftungslehr¬
stühle internationaler Organisationen und sprach sich für die Orientierung der
akademischen Selbstverwaltung am Vorbild süddeutscher Universitäten aus.
Außerdem ersuchte die Studentenschaft den deutschen und französischen Außenmi¬
nister in Telegrammen, bei den Saarverhandlungen dringend um die Berücksichti¬
gung der wohlbegründeten Interessen der gesamten Studentenschaft]9.
Die Wahrung des internationalen Profils der Universität bildete insbesondere das
Credo der eingangs erwähnten Denkschrift vom Februar 1956, die im Mittelpunkt
der folgenden Analyse steht. Der Text dokumentiert Überlegungen der aus den
neutralen, nicht direkt am Saarkonflikt beteiligten Ländern kommenden Professo¬
ren und Dozenten der Universität des Saarlandes und stammt im Entwurf aus der
Feder von Prof. Robert Stämpfli. Durch wissenschaftliche Tätigkeiten bei der
Hochalpinen Forschungsstation Jungfraujoch an der Universität Bern, in der Joint
Commission on High Altitude Research Stations des Internationalen Forschungsra¬
tes und die Zusammenarbeit mit dem späteren Nobelpreisträger Huxley an der
16 So die Frankfurter Allgemeine 2.2.1956: Kulturbollwerk oder Wissenschaft? Zur Diskussion um die
saarländische Universität. Außerdem: Was ist mit der Universität?, in: Deutsche Saar 27.1.1956. Dazu
die Beschwerde von Rektor Angelloz an den Hauptschriftleiter der „Deutschen Saar“ vom 28.1.1956
(Universitätsarchiv Saarbrücken, Bestand Rektorat). Ferner etwa Karlkuno L. Seckelmann, Was
wird aus unserer Universität?, in: Saarbrücker Zeitung 18.4.1956 und die Erwiderungen: Was wird
aus unserer Universität?, in: Deutsche Saar 27.4.1956, und: Was wird aus unserer Universität?, in:
Neueste Nachrichten 3.5.1956.
17 Erklärung vom 4.1.1956. Nach der von van der Goes van Naters vorgelegten „Note über das Statut der
Universität des Saarlandes“ - 6. Sitzung der Beratenden Versammlung - Kommission für allgemeine
Angelegenheiten - 14.3.1956, unter anderem überliefert in Universitätsarchiv Saarbrücken, Samm¬
lung Senf.
18 Erklärung vom 4.1.1956, zitiert nach der Naters-Note (wie Anm. 17).
19 Besorgnisse um unsere Universität. Die saarländische Studentenschaft wird aktiv, in: Saarbrücker
Zeitung 7.2.1956. Telegramm nach der Naters-Note (wie Anm. 17). Dazu die scharfe Erwiderung der
Deutschen Saar am 13.3.1956: Studentenvertreter schlecht beraten.
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