Full text: Zwischen Saar und Mosel (24)

Dieser große Gelehrte, und, wo es um letzte Entscheidungen ging, auch unerbittli¬ 
che Kämpfer, war eine Persönlichkeit von bescheidener Natürlichkeit und Schlicht¬ 
heit. Die charakterliche Eigenart Barths ließ ihn auch zu dem verhältnismäßig 
theologisch unkomplizierten Unfricht, der freilich in seiner Bibliothek alle Literatur 
zu Barth und über Barth sammelte, sonst aber Praktiker war, freundlichen Kontakt 
entwickeln. Dem Kirchenverständnis Karl Barths entsprechend ließ sich Unfricht 
die Ausbildung von Laienpredigern, darunter auch Akademikern, angelegen sein. In 
der Diasporasituation bemühte er sich um konfessionellen Ausgleich und besuchte 
die Familien ohne Rücksicht auf Besitzstand oder Konfessionszugehörigkeit. 
Wie Pfarrer Hermann Günther in Schwalbach, auch einer dieser durch Karl Barth 
mitgeprägten, eindrucksvollen Vertreter dieser Pfarrergeneration (ich durfte Pfr. H. 
Günther zu meinem großen Gewinn noch kennenlernen), sah Unfricht den 
Schwerpunkt seiner Arbeit in Gottesdiensten aller Art, in Unterricht, Kirchenmusik 
und insbesondere auch in der treuen Hausbesuchsarbeit, wobei er die Zeit vergessen 
konnte. 
Der damaligen Jugend hat sich seine Gestalt unvergeßlich, weit über seine 
Gemeinden Fischbach und Quierschied hinaus, eingeprägt. 
Als Dank für seine fast fünfzigjährige Tätigkeit erhielt er auf Initiative von 
Ministerpräsident Dr. Franz Josef Röder den Saarländischen Verdienstorden. Röder 
hat wohl auch Unfrichts Ernennung zum Ehrenbürger angeregt, womit die 
Grabstätte bzw. das Ehrengrab auf dem Friedhof in Quierschied verbunden war, auf 
dem der zuletzt in Wallerfangen im Hause der Familie seines Sohnes lebende Hans 
Unfricht nun von seinen mannigfachen Kämpfen und Mühsalen ausruht. Ein 
Original unter den Saar-Pfarrern ist mit ihm dahingegangen. Bei seiner Beerdigung 
in Quierschied war die eindrucksvolle Feier von Barth-Texten begleitet. 
(Zum Ganzen, jedoch Unfricht betreffend, die enttäuschend unergiebigen Bücher von 
Wolfgang Scherffig; Junge Theologen im „Dritten Reich“, Dokumente, Briefe, Erfahrun¬ 
gen, 2 Bd., 1989/90, Neukirchener Verlag; 3. Bd. 1993). 
Anhang 
Hans Unfricht über die Gemeinde Fischbach 1950: 
Bald wurde die junge Gemeinde auf eine schwere Probe gestellt: die Schwarmgeister der 
deutsch-christlichen Mischreligion und die falschen Propheten der nationalsozialistischen 
Weltanschauung suchten Verwirrung zu stiften. In harter Entscheidung bekannte sich 1934 
das Presbyterium geschlossen zur „Barmer Theologischen Erklärung“ und unterstellte sich 
der Leitung der „Bekennenden Kirche“. 1937 tagte in unserer Kirche die Bekenntnis-Synode 
St. Johann, überwacht von der Gestapo, die danach die Teilnehmer verhörte und terrorisierte. 
Seit der Festsetzung von Pfr. Niemöller im KZ wurde nach der Abendglocke noch die tiefe 
Glocke für alle verfolgten Brüder und Schwestern geläutet; um die Leuchter der Altarkerzen 
hingen zum Zeichen der Trauer schwarze Schleifen. 1937 wurde uns vom NS-Bürgermeister 
der Schulsaal Quierschied für Gottesdienste entzogen. Seitdem versammelten wir uns zu 
Wort und Sakrament im Hause des Presbyters Kiefer, später in einem gemieteten Ladenlo¬ 
kal. Seit 1945 steht uns wieder die Schule zur Verfügung. 
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