war - und es ist sicher manches auch nicht gut gewesen - das wird dann von selber in
Wegfall kommen.
U.: Ich habe in den Jahren des Kirchenkampfes bei Ihnen gehört, und da haben Sie
manchmal gerne den alten Spruch zitiert: hominum confusione, dei providentia helvetia
gubernatur (mitten durch die Verwirrung der Menschen hindurch wird nach der Vorsehung
Gottes die Schweiz regiert), und das gehört wohl in diesen Augenblick unseres Gespräches
bestimmt hinein.
B.: Da hinein ja.
U.: Wir haben noch eine persönliche Frage an Sie, Herr Professor, die werden Sie sicher
wieder sehr vorsichtig beantworten, aber wir möchten sie doch gerne hören: Wann wird der
nächste Band Ihrer Arbeit herauskommen?
B.: Das weiß der liebe Gott und das wissen seine Engel. Ich kann nichts versprechen. Es
können soviele Dinge sich reifen, ich kann nur sagen, daß ich fleißig an der Arbeit bin.
U.: Wir können aber versichern, daß es nicht nur evangelische, sondern vor allem
katholische Theologen gibt, die ein großes Interesse daran haben, daß Sie doch Ihr Werk
fortsetzen und daß es nun hoffentlich Gott geben möge, daß Sie es auch vollenden dürfen.
B.: Ist es absolut nötig, daß es vollendet wird? Eine größere Idee vollendet wird? Ich habe ja
eigentlich versucht, in allen Teilen dieser Kirchlichen Dogmatik an jeder Stelle je das Ganze
zu sagen, so daß es vielleicht möglich war, daß diese Dogmatik, ohne daß ich mich mit
einem so großen Werk vergleichen will, so wie das Straßburger Münster auch unvollendet
bleiben würde. Warum nicht? Vielleicht war der Kölner Dom auch interessanter, bevor der
zweite Turm gebaut wurde, und so könnte es auch mit der Kirchlichen Dogmatik sein.
U.: Indessen möchten wir hoffen, daß Gott es gut wenden möge, daß Sie an Ihrer Arbeit
noch gesund weiter arbeiten dürfen mit Ihren Studenten zusammen und in der Verbindung
mit Ihren vielen Freunden und Widersachern und in der ganzen Welt. Und, Herr Professor,
wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
B.: Es liegt noch an mir, Ihnen zu danken, daß Sie herkamen und nun mit mir da gesprochen
haben, wie ich überhaupt eigentlich viel Anlaß habe, dankbar zu sein, Gott dankbar zu sein,
aber auch den Menschen dankbar zu sein, meinen Freunden und auch meinen Gegnern.
Im Anschluß an diese Aktivitäten Unfrichts wurde der Kontakt zu Basel weiter
bewußt gepflegt. Und in den mir von Hans Unfricht geschenkten Unterlagen findet
sich eine handschriftliche Karte Karl Barths vom 22.6.1964, in der es mit
Kommentar Unfrichts heißt:
Lieber Herr Pfarrer!
Endlich wird Gelegenheit zum Dank für Ihre Zeilen vom 30.5.64. Ich habe Ihren
„Barmen-Artikel“ gerne gelesen. Hoffentlich hat er auch die Leser der SAZ angesprochen.
Wegen des 4.11.1963* brauchen Sie sich nachträglich keinen Kummer zu machen. Ich habe
die Intervention jenes jungen Heue eher in komischer als in tragischer Erinnerung.
Sehr schön ist das Zitat von Henry de Montherlant:** ich werde es mir aufheben und
gelegentlich, wenn „der moderne Mensch“ wieder aufs Tapet kommt, fruchtbar machen.
Seien Sie mit Ihrem ganzen Haus freundlich gegrüßt von
Ihrem Karl Barth
Basel, 22.6.64
* am 4.11.1963 war die Konferenz Rhein. Synodaljugendpfarrer bei Karl Barth in Basel,
wobei Jugendpfarrer Rolf Heue-Saarbrücken Prof. Barth scharf angriff und erklärte, er
sei bereits Geschichte.
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