aus Kirchensteuern und andere Mittel z.T. staatlicher Herkunft der Kirche als Körperschaft
des Öffentlichen Rechts ausgezahlt wurden, um so uns finanziell in die Knie zu zwingen,
nachdem sie nicht erreicht hatten, mit Gründen aus der Hl. Schrift und den reformat.
Bekenntnissen uns zu überzeugen und uns von der in Barmen ’34 gefällten Entscheidung
abzubringen.
In Ausführung dessen erging der anliegende Erlaß, unterzeichnet von einem Herrn Sohns,
NS-Führer und Leiter der Staatl. Finanzabteilung im Rhein. Konsistorium.
Versehen mit der Drohung juristischer, finanzieller und wirtschaftlicher Sanktionen bekamen
wir, die wir seit 1.4.1939 im Pfarrhaus Fischbach wohnten, einen Drohbrief des Konsistori¬
ums, in dem wir aufgefordert wurden, sofort allen Dienst einzustellen und in 1 Woche das
Pfarrhaus zu verlassen, da wir uns Dienst und Pfarrhaus widerrechtlich angeeignet hätten. -
Entsprechende Drohbriefe gingen auch an unsere Presbyter.
Wir blieben drin. Es änderte sich garnichts. Ich traf das Mitglied des Rheinischen
Bruderrates der BK, den damaligen Pfarrer Lic. Dr. Joachim Beckmann, der bis vor kurzem
Rhein. Präses war, auf einer Besuchsreise des Pfr.-Konvents an der Nahe in der Diakonie in
Bad Kreuznach. Er riet mir: ,Sie sind der 6., der diese Drohung bekommen hat. Widerstehen
Sie! Wir wollen mal sehen, was kommt!’ Seit 1935 hatte die BK angefangen, für uns
monatlich treppauf - treppab zu sammeln, wir bekamen 1939 mtl. 150,- RM, man konnte zur
Not damit leben. Übrigens, ein Treppenwitz der Geschichte: Herr Sohns war in meinem
Heimatort Illingen/Saar als Sohn des ev. Bürgermeisters geboren (Illingen hatte nur 0,5 %
Evangelische!), die Eltern waren aber bald weggezogen. 1937 trat S. aus der Ev. Kirche aus
und wurde Vors, der Finanzabteilung in Düsseldorf, im Jahre 1969 wegen Beihilfe zur
Erschießung russ. u. jüd. Zwangsarbeiter in Rußland zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt.
Nach der glücklichen gesunden Rückkehr aus dem II. Weltkrieg betätigte sich
Unfricht in der Erziehungs- und Jugendarbeit, unterrichtete in Saarbrücken ange¬
hende Lehrerinnen mit großem Echo und betrieb den Kirchbau von Quierschied mit
Hilfe des Ökumenischen Rates/Genf.
Neben seiner ausgebreiteten Pfarramtsarbeit entwickelte sich Unfricht aber gleich¬
sam zum Platzhalter Karl Barths an der Saar.
Es ist nicht erkennbar, wie Unfricht die Beziehung zu Karl Barth neu anknüpfte;
jedenfalls sandte ihm Karl Barth „mit freundlichem Gruß“ eine seiner Predigten in
der Strafanstalt Basel von Ende Dezember 1963 Anfang 1964 zu. Eine Kontaktper¬
son zu Barth war dessen Mitarbeiterin, Frau Charlotte von Kirschbaum, die
Unfricht sehr schätzte.
Es ist auch anzunehmen, daß Karl Barths Bedenken gegen das biblische Recht der
Säuglingstaufe Unfricht beeindruckt hat.
Anläßlich des 75. Geburtstages von Karl Barth am 10. Mai 1961 führte Unfricht,
der sich zu dieser Zeit im Saarland sehr für Karl Barth einsetzte, ein Interview mit
Karl Barth am 8.4.1961 durch. Unfricht erinnert Barth daran, daß er ihn in den
Jahren des Kirchenkampfes als Student hörte; er spricht ihn auf die Fortsetzung
seiner Kirchlichen Dogmatik hin an. Darüber heißt es so:
B.: Ja, wissen Sie, ganz allgemein gesagt, ich mache mir nicht sehr viel und sehr oft
Gedanken über den Erfolg meiner Arbeit. Das liegt in anderen Händen. Und wenn dann
Hindernisse eintreten, dort auch in Deutschland, dann denke ich, man kann auch warten. Was
gut ist an dem, was ich sagen und leisten durfte, das wird sich halten, und was eben nicht gut
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