Irmtraut Eder-Stein
Plünderung im Freimachungsgebiet 1939/40.
Ein Straftatbestand in Strafrecht und Rechtsprechung des
Ns-Staates
Die Freimachung der Roten Zone zu Beginn des Zweiten Weltkrieges ist im
Saarland besonders im Gedächtnis geblieben, war doch mehr als die Hälfte der
Saarbevölkerung einschließlich der Einwohner der Städte Saarbrücken, Völklingen,
Saarlouis und Merzig von der fast ein Jahr dauernden Unterbringung in den sog.
Bergungsgebieten meist in Mitteldeutschland betroffen. So war es eine besondere
Aufgabe der saarländischen Archivverwaltung, die Quellen dieser Aktion zu
sichten und zu sichern. Dieser Aufgabe hat sich der Jubilar als Leiter des
Landesarchivs Saarbrücken - zusammen mit anderen Kollegen - seit Ende der 70er
Jahre für den Bereich der nördlichen Freimachungszone vom Rhein über den
Pfälzer Wald und das Saarland bis in den trierischen Hunsrück gewidmet1. Die
damaligen Anregungen aufgreifend, soll hier nun ein Teilaspekt der Freimachung
behandelt werden. Dabei kann die Freimachung zu Recht Interesse „über das rein
Regionalgeschichtliche hinaus“ beanspruchen2, und das gilt nicht nur in räumlicher,
sondern auch in sachlicher Hinsicht. Die mit Kriegsbeginn ab dem 3. September
1939 laufende Aktion war zwar mehr als ein Jahr vorbereitet worden, sie konnte
aber nur mit erheblichen Schwierigkeiten umgesetzt werden. Die überstürzt
ausgelöste und übereilt durchgeführte Evakuierung brachte chaotische Verhältnisse
auf den Reise- und Transportwegen mit sich, und spätestens bei der Rückkehr
mußte die Bevölkerung entdecken, daß nicht nur Witterung und gelegentliche
Kampfhandlungen die Häuser beschädigt hatten, sondern daß vor allem Plünde¬
rung3 und Vandalismus nicht selten zum Verlust eines großen Teiles des - fast
vollständig zurückgelassenen - Hausrates geführt hatten. Die Versuche der Justiz,
diese Taten zu ahnden und vor weiteren Taten abzuschrecken, sollen hier behandelt
1 Hans-Walter HERRMANN, Die Freimachung der Roten Zone 1939/40. Ablauf und Quellenlage, in:
ZGSaarg. 32 (1984), S. 64—89. - Hans Hess, Westwallbau, Räumung und Wiederbesiedlung in den
Grenzgemeinden des ehern. Landkreises Bergzabern. Ibid. S. 90-106. - Fritz Jacoby, Quellen zur
ersten Evakuierung 1939/40 im Stadtarchiv Saarbrücken. Ibid. S. 107-110.
2 Herrmann (wie Anm. 1), S. 64.
3 Der Begriff der Plünderung wird hier als zeittypische Bezeichnung für das Phänomen der Aneignung
im Freimachungsgebiet durchgehend verwendet, unbeschadet der zu treffenden weiteren Feststellun¬
gen.
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