nun werden solle, ob nun auch ihre Männer verhaftet würden, ob sie Arbeit und
damit Brot verlieren könnten; sicher auch Angst. Aber Angst allein genügt nicht,
diese gleichwohl erstaunliche Entschlossenheit und Courage verständlich zu
machen, direkt zum Obersalzberg zu fahren. Gewiß war es wohl auch Lust am
Abenteuer, Neugier; und die „Erfolgsmeldung“ verrät auch etwas Wichtigtuerei,
nicht nur Stolz. Aber gehört nicht auch - als Erfolg der NS-Propaganda - der
„Glaube“ an den „besseren Führer“ dazu? Konkret haben die beiden Frauen nichts
vom Obersalzberg mitgebracht - ob es tatsächlich ein Telephonat mit Saarbrücken,
und das wäre dann: mit Gauleiter Bürckel, gegeben hat, und welchen Inhaltes, muß
offen bleiben -, aber sie waren nicht enttäuscht. Die NS-Propaganda hat es
bekanntlich verstanden, diese emotionale, pseudoreligiöse Bindung noch zu stärken
- bis hin zum blinden, irrationalen Glauben an die Wunderwaffen des Führers und
seinen Endsieg.
Für Nachgeborene mag es eine gespenstige Szene sein - wenn es denn Martin
Bormann war, dem die Frauen auf dem Obersalzberg begegnet sind, und wer auch
es gewesen sein mag, der ihnen nach München in der Reichsleitung der NSDAP
versicherte, alles sei in besten Händen. Jedenfalls mag auch dieses kleine
Dokument ein Beitrag zum Bild des Alltags des Nationalsozialismus in einer
Bergarbeitersiedlung an der Saar sein, eines Bildes wie es in seinen vielen Facetten
der Archivar und Landeshistoriker Hans-Walter Herrmann dokumentiert und
dargestellt hat und an dessen Ausgestaltung weiterzuarbeiten ihm noch viele Jahre
vergönnt seien.
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