In den ersten Jahren hatte der Name „Saargebiet“ eine leichte Konkurrenz in dem
von der französischen Militärverwaltung offenbar nur selten verwendeten Begriff
„Saarstaat, Etat de la Sarre“26, der jedoch rechtlich keinen Bestand haben konnte27,
ferner in den Begriffen „Saarbecken“ und „Saarbeckengebiet“. Vom älteren
französischen Sprachgebrauch der 1870er Jahre abgesehen, sind dies die Begriffe
des Versailler Vertrages: „Bassin de la Sarre“ bzw. „Territoire du Bassin de la
Sarre“28. Zwei wichtige französische Institutionen an der Saar verwendeten diese
Gebietsbezeichnung in ihrem Namen: Die „Administration des Mines domaniales
françaises du Bassin de la Sarre“ („du Bassin“ fiel bald weg) und die „Direction
supérieure des douanes françaises du Bassin de la Sarre“. Auf deutscher wie auch
auf französischer Seite ist „Saarbecken“ und „Bassin de la Sarre“ später kaum mehr
benutzt worden29. Die Franzosen sprachen von „Sarre“, wenn sie das Saargebiet
von Versailles meinten30. So wurde das Land bis zum Inkrafttreten des Vertrags¬
werkes von einem „Administrateur bzw. Général Administrateur supérieur de la
Sarre“ geleitet, in der deutschen Fassung von Militärplakaten z. B. übersetzt mit
„Oberster Verwalter des Saargebietes“, der sich entsprechend an die Bewohner des
„Saargebiets“ wandte31. Ebenso richtete die neue Regierungskommission des
Völkerbundes bei ihrem Amtsantritt am 26.2.1920 einen Aufruf an die Bewohner
des „Saargebiets“32. Darin ist auch die Rede vom „Gebiet des Saarbeckens“ und
von den Bewohnern des „Saarlandes“.
Damit taucht der heute gültige Name „Saarland“ ganz offensichtlich erst unmittel¬
bar nach dem Ersten Weltkrieg auf33. In einem Plakat vom November 1919,
demnach einer etwas früheren Quelle, mit dem die Beilegung eines Eisenbahner¬
streiks bekannt gemacht wurde, ist neben „Saargebiet“ ebenfalls vom „Saarland“
26 So auf einem zweisprachigen Plakat von 1919 der „Administration supérieure de la Sarre/Oberste
Verwaltung des Saargebiets“, mit dem die Zollvorschriften des Versailler Vertrages bekannt gemacht
wurden. In demselben Zusammenhang werden daneben auch die Begriffe „Saarbecken“ und
„Saarbeckengebiet“ verwendet (G. Paul und R. Schock, Saargeschichte im Plakat 1918-1957,
Saarbrücken 1987, S. 30).- Ergänzend hingewiesen sei auf die „Landkarte des Saarstaates“, bearb. v.
A. Ludt, Verlag Gebr. Hofer, Saarbrücken, 1:200.000.
27 Vgl. O. ANDRES, in: Das Saargebiet (wie Anm. 25), S. 439 ff.
28 Der Saar-Atlas, hg. von H. Overbeck und G. W. Sante, 2. Aufl,, Gotha 1934, übersetzt mit
„Saarrevier“ und „Saargebiet“ und kritisiert die unzulässige Vermischung der beiden Begriffe.
29 Die wenigen Belege aus der Titelgebung von Veröffentlichungen: J. ROENNE: Das Saarbecken-
Abkommen, Diss. 1923; Solemacher, Das Saarbecken und das Saarstatut, 1925; H. SCHULTHEß,
Das Finanzwesen des Saarbeckens, Diss. 1929.
30 Der Widerstand der Bevölkerung zeigt sich in der Auseinandersetzung um Briefmarkenaufschriften,
durchaus keine Nebensache: Die Militärregierung hatte auf die deutschen Briefmarken zunächst den
Aufdruck „Sarre“ gesetzt. Wegen des Widerstands aus der Bevölkerung wurde dieser abgeändert in
„Saargebiet“. Es folgte dann - mit der allgemeinen Umstellung auf Frankenwährung - der
Frankenaufdruck; schließlich kamen eigene Saarmarken mit der Aufschrift „Saargebiet“ heraus (R.
Reinhard u. K. Voppel, Land und Volk an der Saar, Breslau 1934, S. 169).
31 Beispiele dieser Plakate bei PAUL-SCHOCK (wie Anm. 26), S. 24, 27.
32 PAUL-SCHOCK (wie Anm. 26), S. 31.
33 Der Vollständigkeit halber sei auf das kurzlebige lothringische „Herzogtum Saarland“ hingewiesen,
das in den 1660er Jahren an der oberen Saar - außerhalb der heutigen Saarlandgrenzen - geschaffen
wurde (H.-W. HERRMANN, in: Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes, Bd 2, Mitteilungen des
Historischen Vereins für die Saargegend, N.F. Heft 4, Saarbrücken 1977, S. 534 ff.).
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