Ereignisse zu beurteilen. „Ich war Prediger und kein Politiker“ hat er später
bekannt; „ich war meinem Vaterland und seinem heiligen Recht innig ergeben, aber
zugleich umfaßte ich mit dem loyalsten Herzen meinen König-Herzog und
vermochte es nicht, mir zu denken, daß er wider uns und wir wider ihn sein
könnten13.“
Die Pfarre Nottmark lag in dem Bezirk, wo der Herzog von Augustenburg das
Praesentationsrecht und das Patronat hatte. Obwohl P. auf Alsen aufgewachsen
war, hatte er den Herzog vorher niemals gesprochen, er war dem Herzog kaum
bekannt. Aber er hatte sich bald die Achtung seines Patrons erworben, und mit
Liebe und Geduld vermochte P. auch in der stark dänisch gesinnten Gemeinde
Zugang zu mancher Seele zu erlangen.
Da brach 1848 die dänische Revolution aus, durch die die absolute Monarchie in
eine konstitutionelle umgewandelt und das bisherige staatsrechtliche Verhältnis
Dänemarks zu den Herzogtümern Schleswig und Holstein, die nur durch Personal¬
union mit Dänemark verbunden waren, wesentlich berührt wurde. Das nächste Ziel
der sogen. Eiderdänischen Partei, welche die Revolution trug, war es, die
Herzogtümer in ihrer engeren Verbindung zueinander zu trennen und das nicht zum
Deutschen Bund gehörige Schleswig in Dänemark zu inkorporieren. Es kam hinzu,
daß das königliche Haus Dänemark (Oldenburg-Schleswig-Holstein) vor dem
Aussterben im Mannesstamme stand, in Dänemark nach der Lex Regia von 1665
auch die weibliche Deszendens erbte, dagegen in den Herzogtümern Schleswig und
Holstein nur der Mannesstamm und damit die Linie Schleswig-Holstein-Sonder-
burg-Augustenburg auf die Erbfolge Anspruch hatte. Das hätte die Auflösung des
sogen, dänischen Gesamtstaates bedeutet14.
Die gesamte schleswigsche Geistlichkeit, soweit sie nicht, wie z. B. auf Alsen
dänisch gesinnt war, ja z. T. aus von Dänemark zugewanderten Personen bestand,
geriet, wie auch P„ in einen schweren Gewissenskonflikt, wenn sie sich zum
Handlanger der Eiderdänischen Partei machen lassen wollte, die so leicht in
Kopenhagen den Sieg davongetragen und alle Regierungsämter besetzt hatte.
Besonders die Lage P.’s wurde alsbald bedenklich. Vor dem politischen Fanatismus
mußte der Herzog von Augustenburg fliehen. Alle, die ihm persönlich nahe
gestanden hatten, so auch P„ wurden verdächtigt, da man den Herzog für das Haupt
einer Verschwörung gegen den Gesamtstaat ausgab, was er in Wahrheit nicht war.
Aber er war nach seiner Bildung und Gesinnung ein deutscher Fürst, und das
genügte, ihn als „deutschen Verräter“ zu verteufeln, obwohl er nur sein verfas¬
sungsmäßiges Erbrecht in den Herzogtümern verteidigt hatte15.
13 Petersen, (wie Anm. 4) 160.
14 Näheres dazu: O. BRANDT - W. Klüver, Geschichte Schleswig-Holsteins, 7. Aufl. Kiel 1976,
215-258; A. SCHARFE, Schleswig-Holstein und die Auflösung des dänischen Gesamtstaates
1830-1864/67, in: Geschichte Schleswig-Holsteins 7. Bd. 1. u. 2. Lf., Neumünster 1980, noch
unvollendet.
15 Petersen, (wie Anm. 4) 110-121 hat dem Herzog ein sympathisches Denkmal gesetzt. Der spätere
Biograph des Herzogs, J. H. Gebauer (Christian August, Herzog von Schleswig-Holstein. Ein
Beitrag zur Geschichte der Befreiung Schleswig-Holsteins, Stuttgart - Leipzig 1910) hat P. Seite 241
Anm. 3 ausdrücklich in einer zweifelhaften Detailfrage als „eine sonst zuverlässige Quelle“
bezeichnet, als er sich auf ihn berief.
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