„An der äußersten Spitze der Preußischen Rheinprovinz“ an der französischen
Grenze4, wo nicht nur „die pfarrlichen Verhältnisse so ganz anders“ waren, sondern
auch ein anderes Grenzproblem, keine Sprachenfrage, bestand, war P. als Exulant
aus Schleswig infolge der Ereignisse nach der Schleswig-Holsteinischen Erhebung
von 1848/49 im Jahre 1852 angekommen. 1858 hat er darüber geschrieben5: „ es
sind nun bald 6 Jahre, daß Preußens Kirche und Staat mir den Bürgerbrief erteilt
hat. Ich bin mit Liebe in das neue Vaterland gegangen, hier mit Liebe aufgenom¬
men und getragen bisher, und weil Liebe am Besten acclimatisiert und nationali¬
siert, so bin ich, so weit dies möglich ist, ein treuer Bürger des neuen Vaterlandes
geworden und kann mit voller Wahrheit für meinen König und mein Vaterland
beten.“
Damit ist zugleich das Problem der Fürbitte für den Landesherrn in der Agende
angesprochen, worüber P. in einer eigenen Schrift u.a. im Rahmen seines Streits
mit der Evangelischen Kirchen-Zeitung und ihrem Herausgeber Ernst Wilhelm
Hengstenberg (1802-1869) ausführlich gehandelt hat6.
F. P. war geboren in dem kleinen Flecken Hoyer (Stadt seit 1877), 13 km von
Tondern an der Nordsee, genau gegenüber der Nordspitze von Sylt, als Sohn des
Pfarrers Christian Petersen und dessen Ehefrau Lucia geb. Brolund am 18.8.1807.
Der Vater, geboren in Tingleff 30.6.1764, hatte, wie später der Sohn, in Kiel
Theologie studiert, war dann auf Gottorf 1789 examiniert worden, ging 1792 noch
einmal zum Studium nach Jena und wurde 1794 Compastor in Mildstedt, 1785
Diakon in Tondern und war 1800 Pastor in Hoyer. Die Mutter Lucia Hedwig Beata
Brolund, etwa 1773 geboren, also 9 Jahre jünger als ihr Gatte, Tochter des Heine
Gerhard Brolund (gest. 1795) und der Anna Maria Franck, starb schon am
15.4.1811, als der Sohn noch nicht 4 Jahre alt war. Den Vater verlor er mit 11
Jahren, so daß er noch in früher Jugend Vollwaise wurde. Die Familie stammte aus
bäuerlichem Umfeld; die Großeltern von F.P. waren Christian Petersen, Landmann
in Braderup, und Catherina Petersen7. Ein Großonkel von der mütterlichen Seite,
der Pfarrer und Propst Burchardi in Kettingen auf der Insel Alsen, nahm sich des
verwaisten Knaben an und sorgte für seine Vorbereitung für die Universität durch
wissenschaftlichen Unterricht. P. widmete sich nach eigenen Wünschen dem
Studium der Theologie, wie der Vater, wofür er eine innere Berufung fühlte, und
4 F. Petersen, Erlebnisse eines Schleswig’sehen Predigers in den Friedens- und Kriegs-Jahren 1838
bis 1850, Frankfurt a. M. 1856, 2. Aufl., 12.
5 F, PETERSEN, Sind Aufruhr und Meineid im Dänischen oder im Schleswig-Holsteinischen Feldlager
zu suchen: Sendschreiben an den Bischof Thomander zu Lund in Schweden. .., Frankfurt a. M. 1858,
33.
6 F. Petersen, Die Schleswig’sehe Geistlichkeit unter den wechselnden Staatsgewalten. Zugleich ein
Beitrag zur Würdigung des Kampfes der Evangelischen Kirchen-Zeitung wider die vertriebenen
Geistlichen, Kiel 1851.
7 Alle Angaben nach O. F. ARENDS, Gejstligheden i Slesvig og Holsten fra Reformationen til 1864.
Personalhistoriske Unterspgeler, 3 Bde., Kopenhagen 1932. Insofern ist der Nachruf in der Allgem.
Kirchen-Zeitung (wie Anm. 3) zu berichtigen, der den Vater zuerst und dann die Mutter sterben läßt.
Auch der Verfasser des Lebenslaufes K.A.H. als Anhang von Schirmers Leichenpredigt (Anm. 3) läßt
die Mutter vier Jahre später sterben (1815).
352