Einführung der MEZ 1894, die beinahe am Widerstand Stumms gescheitert
wäre140, gehandhabt wurde, bleibt noch zu untersuchen.
Schwierig erscheint es auf den ersten Blick, den genauen Standort der Sternwarte,
obwohl deren geographische Koordinaten bekannt sind, zu ermitteln. Folgt man
jedoch Lichtenberger, der in dem vorgenannten Führer selbst angibt, der durch die
Sternwarte verlaufende Meridian (25° 51’ östl. Länge nach Ferro = 7° 11’
Greenwich) habe das damalige Stationsgebäude, wohl in der späteren Gasstraße,
„an der nordwestlichen Ecke berührt“141, so kann sie sich nur in der heute so
genannten „Stummschen Reithalle“ befunden haben bzw. sie war mit ihr identisch.
Wenn Lichtenberger etwas später in einer öffentlichen Danksagung für das schnelle
Ablöschen eines Schadensfeuers am 21. Mai 1853 in seiner Wohnung ausführt, daß
diese sich „dicht neben der Sternwart“ (um die er sich offenbar mehr sorgte als um
das ganze Mobilar) befand142, so könnte seine Familie u. U. das später als
Kutscherhaus benutzte Gebäude bewohnt haben.
Relativ unerheblich bleibt, ob das oktogone Pavillon von vorneherein als Sternwar¬
te konzipiert war143. Seine Baugeschichte läßt sich immerhin bis zu einem
Briefwechsel Carl Friedrich Stumms mit seinem Studienfreund Peter Joseph König
(1800-1856) in den 1830er Jahren zurückverfolgen144. König, gebürtiger Trierer
und zuletzt Kreisbauinspektor in Bonn, der seinem Duzfreund in Bausachen
zumindest eingehend beriet, schlug diesem am 10. Juni 1835 vor, die Rotunde, die
Stumm sich an die Rückfront des geplanten Herrenhauses statt der Säulenhalle
wünschte, etwas abgesetzt von ihm in Form eines Tempels . .. ganz antik gehalten
zu erbauen, und hielt in einem beigefügten Plänchen sowohl einen polygonalen als
einen kreisrunden Grundriß für denkbar. Weiteres ist aus dem Briefwechsel, dessen
Überlieferung wenig später abbricht, nicht zu entnehmen.
140 Stumms Widerstand brach Generalfeldmarschall Moltke, der am 16. Marz 1891 vor dem Reichstag
aus militärischen Gründen die Einführung der MEZ forderte (E. v. Hesse-Wartegg, Die
Einheitszeit nach Stundenzonen - ihre Einführung im Weltverkehr u. im gewöhnlichen Leben,
Leipzig 1892, S. 28 ff.).
141 Wie Anm. 139.
142 Saar-Ztg. vom 24. Mai 1853 S. 4.
143 Oktogone Bauformen begegnen oft bei Sternwarten (vgl. P. MÜLLER, Sternwarten in Bildern,
Berlin-Heidelberg 1992, S. 92 ff., 97 ff., 236 ff.). Auch die Bonner Univ.-Stemwarte befand sich in
einem „gartenhausähnlichen achteckigen Pavillon“, bis sie 1844 den neuen Schinkel-Bau bezog
(Schmidt, wie Anm. 132, S. 20 ff., 39 ff.).
144 LA Saarbr. Best. Stumm, Nr. 21. - Zu König, der zeitweise den Kölner Dombaumeister E. F.
Zwirner (1802-1861) vertrat, vgl. J. SCHULZE, Kirchenbauten des 19. Jhs. im alten Siegkreis, Köln
1977, S. 293. Für weitere Auskünfte danke ich verbindlichst Frau Zeipel, StadtA Bonn. - König,
wohl aus Trier u. katholisch, 1820 Stumms Studienfreund in Berlin, kannte Saarbrücken (evtl,
stammten seine Eltern vom Ludwigsplatz, vgl, K, Lohmeyer, Friedr. Joachim Stengel, Düsseldorf
1911, S. 151, 156 ff.) u. eine Reihe Saarbrücker/innen gut (u. a. Stumms Schwester, seine Frau,
zuletzt 1826 in Saarbr. gesehen, Notar Eduard Böcking, 1798-1866, Kromayer, Lautz, Schwalb,
Susewind, u. U. ebenfalls Studienkollegen) u. war an der Planung u. Ausgestaltung des Neunkircher
Herrenhauses maßgebend beteiligt, während die Bauleitung vermutlich Joh. Adam Knipper u. Carl
Hild (Zimmermann, wie Anm. 19, S. 288 f.) ausübten, (vgl. Tafel). - Vielleicht lieferte er auch die
Pläne zu der 1851/53 von Kommunalbaumeister Mußweiler, St. Wendel, u. einem Bildhauer Mayer
erbauten Hauskapelle, die samt Glocke 5665, 45 Taler kostete u. im Herbst 1853 zum Besuch der
Prinzessin Augusta fertig war (Dep. NE, Baurechnung 1851/70 S. 24, 31, Saarztg. v. 22. Sept.
1853).
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