sich mit Kapitalanlagen in der Lothringer Plüsch- und Papierdosenfabrikation noch
wirtschaftlich betätigte27.
Eine Zäsur in der Unternehmensführung brachte im September 1810 die Anstellung
des ehern, kurhessischen Bergmeisters Joh. Christ. Leberecht Schmidt
(1778-1830). Ihm übertrugen die Stumms, die bisher die Führung ihrer Werke
selbst ausübten, die technische Oberaufsicht über alle Betriebe und ihre Leiter,
nicht zuletzt über die Erzgruben, und installierten so eine Mittelinstanz zwischen
Unternehmensspitze und Produktionsstätten, allerdings nicht für die kaufmänni¬
schen Belange28. Schmidt, in Hasserod / Harz geborener Sohn eines späteren
hessischen Domänenrats und nach Besuch der Bergakademie Kassel in verschiede¬
nen Montanbetrieben an Lahn und Sieg tätig, leitete zuletzt als kurhessischer Berg-
und Hütteninspektor (Bergmeister) die Hütten- und Erzbergwerke in Bieber bei
Gelnhausen, die unter Napoleon zeitweise - wie auch Neunkirchen - Dotationsgut
der Ehrenlegion waren und dann an Napoleons Schwester Pauline Borghese kamen.
Seine geologischen Publikationen, vor allem die 1810 erschienenen Theorie der
Verschiebung alter Gänge machten ihn in der Fachwelt und nicht zuletzt bei dem
stets bergmännisch interessierten Johann Wolfgang Goethe bekannt, den er dann im
Juli 1815 im Hause seines Freundes, Bergrat Ludwig Schneider zu Holzappel/
Lahn, zu einer Diskussion über seine Theorien traf29.
Auch in seinem neuen Wirkungsbereich beschäftigte sich Schmidt mit geologi¬
schen Forschungen. Wahrscheinlich gehörte es - sein Anstellungsvertrag ist nicht
bekannt - mit zu seinen Dienstobliegenheiten, die heimischen Erz- und Kohlenla¬
ger auf Qualität und Brauchbarkeit zur Basisversorgung der Stummhütten zu
explorieren30. Näheres über seine Tätigkeit in Neunkirchen, wo er mit Familie das
alte, 1817 noch ausgewiesene Direktionsgebäude etwas außerhalb des Werksgelän¬
27 Zu Lacour vgl. Gayot-Herly (wie Anm. 23), S. 85 ff., 146; van Ham (wie Anm. 26), S. 95 f., 108 f.,
126 f.; D. WORONOFF, L’industrie sidérurgique en France pendant la Revolution et l’Empire, Paris
1984, S. 482 ff., sowie die grenzüberschreitende Studie von D. Hemmert, L’esprit d’enterprise à
Sarreguemines au milieu du XIXe siècle, in: Les Cahiers Lorrains, 1987, S. 67-89, bes. S. 83 ff. Für
weitere Auskünfte zur Person Lacour bin ich Herrn Kollegen Hemmert vom StadtA Saargemünd sehr
zu Dank verpflichtet.
28 Braun (wie Anm. 11), S. 294. Zur Tätigkeit u. Entlohnung des Faktors als Betriebsleiters vgl. ebd.,
S. 283 ff., Cloer (wie Anm. 17), S. 142 ff.
29 Zu Schmidt vgl. Personalakte im HStA Düsseldorf, Bestand Oberbergamt Bonn, Nr. 1231
(1815-1830); W. Serlo, Männer des Bergbaus, Berlin 1937, S. 119, 131; O. Renkhoff, Nassauische
Biographie, Wiesbaden 1992, S. 708; H, Kruse, Das Siegerland unter preuß. Herrschaft 1815-1915,
Siegen 1915, S. 101 f.; Ders.,'Deutsche Briefe aus Mexiko mit einer Geschichte des Deutsch-
Amerikanischen Bergwerksvereins 1824 - 1838, Essen 1923, S. XLIV - LV. - Zu J. Chr. L.
SCHMIDT, Theorie der Verschiebung älterer Gänge mit Anwendung auf den Bergbau, Frankfurt/M.
1810, vgl. F. Otto, Goethe in Nassau, in: NassAnn 27 (1895), S. 55-188, hier S. 158 ff.
30 J. Chr. L. Schmidt, Über das ältere Steinkohlengebirge auf der Südseite des Hunsrücks, in: J.
NÖGGERATH (Hg.), Das Gebirge in Rheinland-Westphalen nach mineralogischen u. chemischen
Bezügen, Bonn 1826, Bd. 4, S. 1-141, basiert auf seinen Explorationen (vgl. S. 27 ff., S. 89 ff. zum
Raum Neunkirchen). Offenbar war er auch befreundet mit Joh.Jak. NÖggerath (1788-1877),
Berghauptmann u. Prof, der Mineralogie u. Bergwissenschaft in Bonn (Serlo, wie Anm. 29, S.
108 f.), der 1866 Lichtenberger mitpromovierte. Zu beachten ist, daß Schmidt 1813 zum Mitglied u.
schon 1818 zum Ehrenmitglied - zusammen mit dem Asbacher Faktor E. Meier - der renommierten
Trierer Ges. f. nützliche Forschungen ernannt wurde. Ferdinand Stumm war es seit 1810 (K. Reidel,
Geschichte der Ges. f. nützl. Forsch., Trier 1977, S. 93 ff., 100).
319