Es handelt sich hierbei um die erste Zivilscheidung in Saarbrücken. Mit Schreiben
vom 9. Pluviôse IX (= 29. Januar 1801) beantragte Katharina Hauck, die seit etwa
vier Jahren bei ihren Eltern in Blieskastel lebte, beim Maire von Saarbrücken die
Scheidung von ihrem Ehemann Friedrich Reidelstürz, Bäcker in St. Johann. Philipp
(von) Mandel (auch Mandell), der Maire von Saarbrücken, faßte den Antrag als
einseitiges Scheidungsbegehren auf und setzte einen Termin zur Versammlung der
Verwandten und Freunde auf den 11. Ventôse (2. März) fest. Der Huissier stellte
die Ladung noch am selben Tage zu. Zum ersten Termin erschien nur die
Antragstellerin Hauck mit ihrer Begleitung, zum zweiten Termin am il. Floréal (1.
Mai) kam sie mit ihrem Onkel, dem Blieskasteler Gastwirt Hans Wack, dem
Saarbrücker Gastwirt Jakob Kleber und dem Kaufmann Sussel Oppenheimer aus
Blieskastel. Zum dritten Termin am 11. Thermidor (30. Juli) kam Hauck mit ihrem
Onkel und zwei nicht näher genannten Zeugen. Ob der Antragsgegner auf einem
der drei Termine anwesend war, bleibt ungewiß, da die bei den Akten befindlichen
Protokollentwürfe in der uns schon bekannten Weise vorgefertigt waren und nicht
korrigiert wurden.
Der Scheidungsakt vor dem Maire Mandel fand dann am 11. Pluviôse X (31. Januar
1802) statt. Das nur im Entwurf bei den Akten befindliche Dokument verweist auf
die drei Actes de non-Conciliation und die Tatsache, daß die Antragstellerin Hauck
a demandé seule, à haute voix la dissolution de son mariage avec son epoux
Frédéric Reidelstürtz, présent, par cause d’incompatibilité d’humeur et de caractè¬
re. Sodann wurden die Zeugen beider Parteien genannt und zum Abschluß heißt es:
Après quoi, moi Philippe Mandell, Maire de Sarrebruck, faisant les fonctions
d’officier public de l’Etat Civil, ai prononcé, qu’au nom de la Loi le Mariage de
Frédéric Reitelstürtz et de Cathérine Hauck est dissous. ... Die Formel entspricht
nicht ganz dem, was in Rudlers Erlaß vorgeschrieben war; dort war noch der Zusatz
verlangt: . . . und daß ihre Personen frei sind, wie sie es vor dem Bündnisse waren.
Man darf vermuten, daß ähnliches wenigstens mündlich gesagt worden ist, denn in
der Akte findet sich ein Fragenkatalog, der dem Maire offenbar bei der Ausübung
seines Amtes helfen sollte.
Unter der Überschrift Quaestiones sind zunächst sechs Fragen aufgelistet:
1. Was ist Ihr Verlangen?
2. Haben Sie die in den Gesetzen vorgeschriebenen Fristen beobachtet?
3. Damit Sie hierüber besser urtheilen können, will ich Ihnen diejenigen Artikel, die auf
gegenwärtigen Fall anwendbar sind, bekanntmachen, vid.p. 63, 143l?l.
4. Ist nun dieses alles gehörig observiret worden?
5. Haben dann bis jetzo alle bisherigen freundschaftlichen Zusprechungen ihrer Verwand¬
ten und gute Freunde Sie nicht dahin bewegen können, Ihr Gesuch um Ehescheidung
fahren zu lassen?
6. Sie bestehen also darauf, würklich von ihrem bisherigen Ehemann geschieden zu
seyn ?
Dann fährt der Zettel fort:
13 Die Seitenangaben beziehen sich auf Rudlers Erlaß (vgl. Fn. 9).
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