effektiver zu gestalten, finanzielle Erwägungen im Vordergrund.11 Dies zeigen die
Pro-Kopf-Ausgaben der Armenvenvaltung - sie blieben im Zeitraum von 1887 bis
1906, also in fast 20 Jahren, ungefähr konstant und lagen jährlich bei durchschnittlich
2,1 Mark pro Kopf12 - und die Tatsache, daß sich der Armenhaushalt erweitern
konnte, ohne gleichzeitig ein Ansteigen des Gesamtsozialhaushaltes zu bewirken.13
In Alt-Saarbrücken kam es erst im Jahre 1904 zu einer Neuordnung des Armenwe¬
sens. Der Grund dafür war, daß es bis dahin in Alt-Saarbrücken eine außerordentlich
gut funktionierende Privatwohltätigkeit unter der Leitung des lokalen Frauenvereins
und seiner Vorsitzenden Frl. Amalie Jung gab. 30 Jahre stand sie im Dienst der
Armenfürsorge,14 in ihren Händen lag die praktische Fürsorgetätigkeit. Jung und die
unter ihrer Regie arbeitenden Gemeindeschwestern besuchten die Armen und
verteilten die Unterstützungsleistungen. Die Höhe der Unterstützung, die vom Ar¬
menausschuß, dem beschlußfassenden Organ für städtische Armenangelegenheiten,
bewilligt wurde, richtete sich nach Jungs Vorschlägen. Zudem wurden alle Beschlüsse
des städtischen Armenausschusses Jung zur Kontrolle und Einsicht vorgelegt. Es muß
davon ausgegangen werden, daß der Armenausschuß sich ganz nach den Einschät¬
zungen und Äußerungen Jungs richtete. Er brachte ihr Vertrauen und Anerkennung
entgegen, denn ihm selbst fehlte die Einsicht in die wirklichen Verhältnisse.
Alle Unterstützungsleistungen, mit Ausnahme der Miete, wurden in Naturalien
erbracht. Mit in der Stadt ansässigen Händlern, Krämern, Metzgern und Bäckern
hatte man ein Gutscheinsystem ausgehandelt, nach welchem die Armen ihre Unter¬
stützungen erhielten. In der Regel wurden die Gutscheine bei den Krämern deponiert,
oder die Annenschwestem verteilten die Lebensmittel.15 Durch dieses Verfahren
konnten die öffentlichen Ausgaben entscheidend gemindert und der Mißbrauch
Öffentlicher Gelder verhindert werden. Im Durchschnitt sparte die Stadt durch den
Frauenverein jährlich 5-6000 Mark.16 Die Pro-Kopf-Ausgaben der Alt-Saarbrücker
Armenverwaltung lagen im Zeitraum von 1884-1893 mit einem Durchschnittswert von
1,5 Mark pro Jahr17 noch weit unter den Ausgaben St. Johanns, die im gleichen
Zeitraum durchschnittlich 2,1 Mark pro Jahr betrugen.
11 Barbara Lube, Mythos und Wirklichkeit des Elberfelder Systems, in: Gründerzeit. Versuch
einer Grenzbestimmung in Wuppertal, hrsg. von Karl-Hermann Beeck, Köln 1984, S. 183.
Jürgen Reulecke, Geschichte der Urbanisierung in Deutschland, Frankfurt/Main 1985, S. 67.
12 Berechnet nach StadtA SB, Best. SJ Nr. 888, Nr. 1352 u. Nr. 1355.
13 StadtA SB, Best. SJ Nr. 888, Nr. 1352 u. Nr. 1355. Ebd. Best. AS Nr. 87, p. 43-47. Stefan
Leiner, Die technische Leistungsverwaltung in der Großstadtentwicklung Saarbrückens
(1900-1909), unveröffentlichte Magisterarbeit Saarbrücken 1988, S. 55f.
14 StadtA SB, Best. AS Nr. 1750/A P- 131.
15 StadtA SB, Best. AS Nr. 87, p. 6f. u. 13. Ebd. Best. AS Nr. 1750/A p- 73f., 101 u. 133.
16 StadtA SB, Best. AS Nr. 1750/A P- 7, 13 u. 74. LHA KO, Best. 442 Nr. 3826.
17 Berechnet nach StadtA SB, Best. AS Nr. 87, p. 14.
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