münd Häuser mit Unterstützung staatlicher Mittel errichtet werden.79 Der staatlich
geförderte Wohnungsbau, so ist festzustellen, wurde erst mit erheblicher Verzögerung
zu einem effektiven Instrument zur Stärkung der kommunalen Bautätigkeit.80
So beschränkte sich die öffentliche Förderung trotz großer Pläne und Programme auf
wenige und eher bescheidene kommunale Maßnahmen. Neben den bereits genannten
Darlehen stellte die Stadt zur Förderung des Wohnungsbaus fast ihre ganzen eigenen
Baulandreserven zur Verfügung. In einigen Fällen verkaufte sie dabei Bauland zum
Preis von 3 bis 6 Francs, das sie selbst für 10 bis 12 Francs angekauft hatte, so daß
auch hier ein Fördervolumen von ca. 500.000 Francs zu verzeichnen war.81
Schließlich erfolgten noch zwei Revisionen der lokalen Bauordnung mit dem ex¬
pliziten Ziel, den Bau billiger Wohnungen zu erleichtern. So wurden 1923 die erfor¬
derlichen Mauerstärken für den Kleinwohnungsbau reduziert sowie die zulässigen
Materialbelastungszahlen verändert. In ähnlicher Absicht genehmigte der Gemeinde¬
rat ab 1924 eine Herabsetzung der minimalen Geschoßhöhen auf 2,80 m.82
Die kommunale Wohnungspolitik als Problemfeld der Integration in den französi¬
schen Staatsverband
Die hier geschilderten kommunalen Aktivitäten zur Bekämpfung der Wohnungskrise
waren verbunden mit einer mühevollen Suche nach tragfähigen Konzepten, die trotz
oder gerade wegen des großen Engagements der Stadtverwaltung auf einen Weg
voller Hindernisse und Probleme führte und mehrfach auch in einer Sackgasse
endete.
Diese Schwierigkeiten hatten ihre Ursache jedoch nicht in der Unvereinbarkeit unter¬
schiedlicher nationaler Handlungsstrategien, die nach dem Ersten Weltkrieg in den
Städten des ehemaligen Reichslandes hätten aufeinandertreffen können. Infolge der
wohnungspolitischen Abstinenz des Landesregierung im Reichsland war es hier bis
1914 noch nicht zur Ausbildung eines Instrumentariums zur Förderung des sozialen
Wohnungsbaus gekommen. So konnte nach 1920 die französische Gesetzgebung ohne
Kollisionsgefahr eingeführt werden, und nach einer kurzen Übergangszeit war ab 1922
79 Als durch das Gesetz v. 13. Juli 1928 (’Loi Loucheur’) die Förderbestimmungen verändert
wurden, gab es infolge der aufgestauten Nachfrage ein großes Interesse. 1930 wurden in
Saargemünd 32 Neubauten mit staatlichen Mitteln gefördert, die nun durch die ’Société
départementale de Crédit Immobüier de la Moselle’ bereitgestellt wurden, s. AMS, F/2-439.
80 Auch in den übrigen Städten Frankreichs war die staatliche Wohnungsbauförderung zwi¬
schen 1922 und 1928 eher unbedeutend. Zu den Ursachen für diesen Widerspruch zwischen
den programmatischen Zielsetzungen der nationalen Gesetzgebung und einer enttäuschenden
Praxis s. Jean-Paul Flamand, Loger le peuple. Essai sur l’histoire du logement social, Paris
1989, S. 185f.
81 Brief des Bürgermeisters an den Bürgermeister von Thionville v. 20. Nov. 1928, s. AMS,
F/2-437.
82 Abänderung der Art. 27. u. 37 der Bauordnung v. 1. Mai 1923. Als Vorbild für diese
Revision diente die Straßburger Bauordnung v. 1910. Änderung der Bauordnung v. 6. Febr.
1924 s. Wittenbrock (Anm. 3), S. 289.
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