Full text: Stadtentwicklung im deutsch-französisch-luxemburgischen Grenzraum

Metzer war mit seinem mitunter scharfen Ton die spektakulärste Kritik an der 
Reichseisenbahn. Ihr warf man vor, aus "Bequemlichkeit" und "rücksichtslos" die In¬ 
teressen der Stadt zu opfern. 
Während die öffentliche Diskussion im Sommer 1900 in Schwung geraten war, erlebte 
die Handelskammer erst während des Einspruchverfahrens ein langsames "Erwachen 
aus dem Todesschlaf'66. Ende September 1900 erst beschäftigte sie sich intensiver 
mit der Bahnhofsfrage, bis dahin hatte sie die größere Aufmerksamkeit den in Loth¬ 
ringen neu anzulegenden Eisenbahnstrecken67 und der Lage des Kanalhafens68 ge¬ 
widmet. Die Diskussion um den Personenbahnhof stellte in den Augen der Handels¬ 
kammer lange vor allem einen Störfaktor für die Stadterweiterung dar. Erst die Be¬ 
handlung der Güterbahnhofsfrage weckte ihr Interesse so stark, daß sie den 
Gleim’schen Entwurf mit der Entsendung einer Delegation nach Berlin unterstützen 
wollte.69 
Die Einschätzung der Handelskammer, die Diskussion um die Bahnumbauten sei ein 
Störfaktor für die Stadterweiterung, entsprach durchaus der Realität: Die Verhand¬ 
lungen zwischen der Reichseisenbahn und der Stadt zogen sich weiter hin, bis der 
Kaiser - sicher im Sinne des ungeduldigen Kriegsministers - durch eine Kabinettsorder 
der Verzögerung ein Ende setzte. Diese Order vom 20. Oktober 1900 betraf die Ka¬ 
nalhafenfrage,70 über die auf Antrag des Ministeriums von Elsaß-Lothringen, ver¬ 
mutlich durch Fürsprache des Statthalters, seit März zwischen den Metzer und Berli¬ 
ner Behörden beraten wurde.71 Durch die Order, den bestehenden Hafen zuzuschüt¬ 
ten und nur ein Provisorium im Süden anzulegen, sollten die Voraussetzungen für die 
Bahnumbauten geschaffen werden. Die Order war zugleich ein Entgegenkommen an 
die Metzer, da sie die endgültige Lage des Hafens im Norden zumindest offenließ. Sie 
brachte aber nicht die gewünschte Erleichterung in der Angelegenheit, sondern - im 
Gegenteil - neuen Zündstoff für die Diskussion in der Stadt.72 
Definitive Entscheidungen 
Um den Schwierigkeiten der Stadt und dem Drängen des Kaisers auf Beschleunigung 
der Metzer Entwicklung ein Ende zu bereiten, setzte der Kriegsminister gemeinsam 
mit dem Leiter der Reichseisenbahnverwaltung für den 14. Dezember 1900 eine Kon¬ 
66 "Lothringer Bürgerzeitung" v. 15. Dez. 1900. 
67 "Tagesordnungen der Sitzungen der Handelskammer zu Metz 1889-1906" in: ADM, 8 AL 
48 u. 8 AL 49. 
68 Gemeinderatssitzung v. 21. Nov. 1899, Protokoll S. 428. 
69 Gemeinderatssitzung v. 26. April 1900, Protokoll S. 118. 
70 Gemeinderatssitzung v. 9. Nov. 1900, Protokoll S. 370. 
71 Gemeinderatssitzung v. 5. April 1900, Protokoll S. 89f. u. v. 10. April 1900, Protokoll S. 102. 
72 Gemeinderatssitzung v. 9. Nov. 1900, Protokoll S. 372 u. "Metzer Zeitung" v. 10. Nov. 1900. 
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