maligen Kriegsgegners, militärischer Ehrbegriff und Traditionen der christlichen
Todesinterpretation wurden zur Basis einer zunächst noch zögernden, in den ersten
Jahren noch problematischen Annäherung und Verständigung.83 Bis 1886 kam es
wiederholt zu Zwischenfällen am französischen Denkmal auf dem Friedhof Cham-
bière.84 Die Kommandantur von Metz, die für den Friedhof zuständig war, unter¬
band die Vorkommnisse durch stärkere Kontrollen.85
Bis Anfang der 90er Jahre hatte sich die Lage so weit stabilisieren können, daß
gemeinsame Projekte der Ehrung der Gefallenen auf beiden Seiten möglich wurden.
1893 konnten direkt an der Grenze auf französischem Boden bestattete deutsche
Gefallene des 1. Gardegrenadierregiments in einer deutsch-französischen, militäri¬
schen Feierstunde exhumiert und mit dem bereits errichteten Grabdenkmal auf
deutsches Gebiet überführt werden. Bei diesem Zusammentreffen am 17. Juni bei St.
Ail-Amanvülers dankte der Militârattaché der deutschen Botschaft in Paris, von
Schwarzkoppen, im Namen des betroffenen Regimentes der französischen Verwaltung
und dem Militär mit folgenden Worten: "Nous sommes très touchés des honneurs
militaires rendus par vos soins à nos vaillants soldats tombés sur le champ de bataille
et nous tenons à vous exprimer au nom de l’armée allemande [...] toute notre recon¬
naissance. En vous associant avec une si parfaite courtoisie et dans un sentiment
d’union et d’humanité à cette solennelle cérémonie, vous nous donnez une nouvelle
preuve de bonne et sincère confraternité müitaire dont nous gardons un ineffaçable
souvenir."86 Bei dem Zusammentreffen erwiesen die anwesenden Generäle, Général
Jaumont, Kommandant des 6. französischen Armeekorps und Graf von Haeseler,
kommandierender General des in Metz stationierten 16. Armeekorps, sich die Ehre,
wobei die Grenze überschritten wurde.87 Auf deutscher Seite wurde diesem Treffen
internationale Bedeutung zugemessen.88 Von französischer Seite wurde die Unter-
83 Metzer Zeitung v. 24. Aug. 1880. Bericht über das respektvolle Zusammentreffen von
deutschen und französischen Militärangehörigen anläßlich der Gräberschmückung 1880.
84 ADM, 12 AL 294. Bericht der Kommandantur Metz an das Gouvernement v. 15. Nov.
1886. Die Darstellung von François Roth, Le Souvenir Français en Lorraine annexée
1907-1914, in: Mémoires de l’Académie Nationale de Metz, Metz 1973, Bd. 1, S. 53-69, hier
S. 53, Anm. 2, ist dahingehend zu differenzieren, daß die Gedenkmesse ohne Zwischenfälle
verlief, der anschließende Friedhofe- und Denkmalbesuch jedoch bis etwa 1886 für die
deutsche Verwaltung sehr problematisch war, da es immer wieder blau-weiß-roten Fahnen¬
schmuck und deutschfeindliche Aufschriften gab.
85 ADM, 12 AL 294. Brief des Polizeidirektors an den Bezirkspräs. v. 23. Dez. 1886. Seit 1886
konnte dieser Teil des Friedhofe nur noch über den vom Friedhofewärter kontrollierten
Haupteingang erreicht werden.
86 Badei (Anm. 38), S. 94ff. bezieht sich in der Darstellung des Ablaufes der Feierlichkeiten
auf einen Bericht des Chefredakteurs des "L’Est Républicain'1 Léon Goulette v. 18. Juni 1893.
Goulette selbst verfaßte eine kleine Schrift: L’entrevue de St. Ail-Amanvillers, 17 juin 1893,
Nancy 1893, die wahrscheinlich Jean (Anm. 35) als Grundlage diente; vgl. auch Metzer
Zeitung v. 18. Juni 1893.
87 Badei (Anm. 38), S. lOlf.
88 Metzer Zeitung v. 18. Juni 1893 u. ADM, 12 AL 261.
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