es hat im Norden der fränkischen Siedlungskammer noch eine dünne, gegenüber
Lothringen sehr dünne, Restbesiedlung mit Galloromanen gegeben, Reflexe der
einstmals blühenden römischen Besiedlung um den vicus Schwarzenacker. Auch in
Schwarzenacker endete römisches Leben nicht mit den Katastrophen des 3. Jahrhun¬
derts, sondern reichte in Arealen bis in die Spätantike und vielleicht darüber hinaus19.
Wichtiger jedoch, da sicherer Anzeiger einer (wenn auch geringen) Kontinuität, sind
zwei bis drei vorgermanische Siedlungsnamen römischer und keltischer Provenienz:
1. Contwig im Schwarzbachtal östlich Zweibrücken, am Zusammenfluß zweier
Bäche, < gall. *Condäte vicus „Dorf am Zusammenfluß“2";
2. Beeden, Stadtteil von Homburg, < kelt. GwN *Beda „Graben, Bächlein“, das
u.a. auch in Beda vicus, d.i. Bitburg (Eifel) vorliegt21;
3. Kirkel, wie Beeden, aber weiter westlich, an der großen Straße Metz - Worms
gelegen, sicher aus lat. circulus „Kreis, Ring“ abzuleiten, was dem kreisrunden
Kirkeler Burgberg entspricht; doch ist der Beleg unsicher, da es Anzeichen dafür
gibt, daß das Wort kirkel auch als Lehnwort in pfälzischen und lothringischen
Mundarten lebte, somit der Siedlungsname auch später entstanden sein könnte22 23.
Zu diesen drei Ortsnamen stellen sich als Zeugen romanischer Kontinuität bisher
einige wenige (vielleicht) vorgermanische Bachnamen um Contwig21 und ein in der
Gewässernamengebung des Westrichs erfolgreiches Lehnwort: albe < lat. *alba „kla¬
res, helles Gewässer, Gebirgsbach?“, erhalten etwa in den Namen der Bickenalb,
19 A. Kolling, Funde aus der Römerstadt Schwarzenacker und ihrer nahen Umgebung, Hom¬
burg 1971, S. 68; Stein (wie Anm. 6), S. 108f. Anm. 95; 183 Nr. 75.
30 M. Buchmüller/W. Haubrichs/R. Spang, Namenkontinuität im frühen Mittelalter.
Die nichtgermanischen Siedlungs- und Gewässernamen des Landes an der Saar, in: ZGSaarg
34/35 (1986/87), S. 113; Dolch/Greule (wie Anm.16) S. 92f. Die Ableitung von *Condäte
vicus ist überzeugend, die Annahme einer haplologischen Kürzung > *Condevicus und der
Verschiebung von [d] > [t j > 1272 Cuntwich ist jedoch unnötig; die Verschiebung von [t] > [ts]
ist bei vorgerm. Ortsnamen des Saar-Mosel-Raums nicht nachzuweisen, so daß sich als Zwi¬
schenform *Condet(e)wich, mit Abschwächung und Synkope des Mittelsilbenvokals und
Hebung des fo] > [u] vor folgendem [i] später Cun(d)wich ergibt. Vgl, W. Haubrichs,
Lautverschiebung in Lothringen. Zur althochdeutschen Integration vorgermanischer Topony-
me der historischen Sprachlandschaft zwischen Saar und Mosel, in: R. Bergmann/H. Tie-
fenbach/L. Voetz (Hgg.), Althochdeutsch, Bd. II, Heidelberg 1987, S. 1373ff. mit Karte
5.
21 Buchmüller/Haubrichs/Spang (wie Anm. 20), S. 77f. Nr. 118; M. Dolch/A. Greu-
le. Die Westricher Hochfläche als gallorömische Reliktzone, in: Jb. Gesch. von Stadt u.
Landkreis Kaiserslautern 24/25 (1986/87), S. 17.
22 Buchmüller/Haubrichs/Spang (wie Anm. 20), S. 74 Nr. 105; für Namenkontinuität:
Dolch/Greule (wie Anm. 21), S. 15ff.
23 Dolch/Greule (wie Anm. 21), S. 22ff.; vgl. dazu die entsprechenden Artikel in Dolch/
Greule (wie Anm. 16). Doch bedarf hier noch manche Ableitung der Diskussion. Unpro¬
blematisch erscheint mir bisher nur die Ableitung des GwN 1547 Blümmell < *Prümele <
alteurop. GwN *Promila. Als Siedlungszeugnisse von Romanen, ahd. Walaha werden auch
einige sog. Walchennamen um Zweibrücken und Contwig angesehen; Dolch/Greule (wie
Anm. 21), S. 37ff. Doch scheint auch hier nicht alles zweifelsfrei. Bestand scheint mir die
Zuordnung von 1) Wahlcrtal, Wahlerhof, bei Tilmann Stella 1564 Wähler Grund, 1615 der
thall in Wahlen, Stadt Zweibrücken, Ortsteil Hengstbach; 2) +Walbach bei Contwig
< *Walahobach „Bach der Romanen“ zu haben. Vgl. Dolch/Greule (wie Anm. 16),
S. 47If.
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