Überblickt man die Zeit der gemeinschaftlichen Benutzung der Alexanderkirche, so
gilt sicher das, was Ulrich Stutz einmal gesagt hat, nämlich daß das Simultaneum eine
„Quelle nie versiegenden konfessionellen Haders“85 88 gewesen ist. Freilich spielte in
Zweibrücken religiöser Fanatismus, wie er immer wieder das Zusammenleben ver¬
schiedener Konfessionen kennzeichnete, eine untergeordnete Rolle.
IV
Wie anders war dagegen die Situation in Großsteinhausen! Dort begannen konfessio¬
nelle Auseinandersetzungen nach der Neugründung der katholischen Pfarrei im Jahr
1729 und der Einsetzung eines Geistlichen'*’. So entwickelte sich mehr und mehr ein
gespanntes Verhältnis zwischen den beiden Konfessionen. Gegenseitige mißtrauische
Überwachung bei der gemeinsamen Benutzung des Gotteshauses war an der Tages¬
ordnung, wobei schon Kleinigkeiten Anlaß zu Beschwerden gaben. Die alten Ressen¬
timents lebten wieder auf, die Bevölkerung der beiden Orte Groß- und Kleinstein¬
hausen spaltete sich in zwei Parteien87. Die Streitigkeiten um den Simultangebrauch
an der Kirche, die mehr als drei Jahrzehnte andauern sollten, verliefen zunächst noch
ohne ernstere Zwischenfälle; man begnügte sich vorerst mit Beschuldigungen und
Beschwerdeschriften. Doch schon bald entstand ein erbitterter Streit darüber, wie oft
überhaupt reformierter Gottesdienst in der Großsteinhauser Kirche gehalten werden
dürfte. Strittig waren auch die Gottesdienstzeiten an den Tagen, an denen beide Kon¬
fessionen ihren Gottesdienst hielten. Mit einer 1739 erlassenen Regelung der Gottes¬
dienstzeiten hielt die Zweibrücker Regierung diese Auseinandersetzung für
beigelegt88. Doch bereits kurze Zeit später brachen die Streitigkeiten erneut aus und
erreichten im Konflikt um die Besitzrechte an den Glocken im November 1760 ihren
negativen Höhepunkt.
Als der reformierte Schuldiener am Morgen des 29. November 1760 die Glocken läu¬
tete, bekam die größere der beiden Glocken einen Sprung. Sie sollte nun auf Anord¬
nung des Bauamts in Zweibrücken in die Glockengießerei nach Ernstweiler gebracht
werden. Diese Aufforderung wollten die Reformierten den Katholiken jedoch nicht
vorlegen, als sie am 24. März 1761 die Glocke in die Gießerei bringen wollten89. Als
die Reformierten trotz des Widerstandes der Katholiken die Glocke abnahmen, kam
es zum Eklat: Denn nun, so heißt es in einem Bericht der reformierten Gemeinde an
85 Zitat nach Letzelter (wie Anm. 2) S. 14; Rosen dorn (wie Anm. 2) S. 3 spricht davon,
daß der Simultanstatus einer Kirche „immer ein ungesunder Ausnahmezustand“ gewesen ist.
86 Zum folgenden Klaus F r e i 1 e r, Der Kirchenstreit von Steinhausen, Zweibrücken 1984.
87 EbendaS. 20.
88 Am 6. Oktober 1739 erließ die Regierung im Beisein der beiden Geistlichen und deren Kir-
chenvorstehem ein wegen Haltung der Kirchenstunden gemachtes reglement, welches besagte,
daß der catholische Pastor von morgends früh bis 10 Uhr den Gottesdienst halten - reformati
aber von 10 Uhren nicht allein ihre Casualien sondern auch den ordentlichen Gottesdienst, so
oft nur viel es ihnen beliebt halten und verrichten mögen (KSchA Zweibrücken VI, Nr. 244).
89 Frei 1er (wie Anm. 86) S. 49 - 51.
289