Ludwig XIV. hatte damit - so das Urteil von Folzy - über die drei Diözesen eine noch
größere Verfügungsgewalt erhalten, als er sie über die altfranzösischen Diözesen
hatte.
Es muß hier nicht ausführlich auf den Stellenwert hingewiesen werden, den die Ost¬
politik für Ludwig XIV. hatte. Sie beanspruchte seine ganze Aufmerksamkeit. Seit
dem Westfälischen Frieden waren die Drei Bistümer auch rechtlich Teil Frankreichs.
Im Pyrenäenfrieden und im Frieden von Vincennes, 1659 und 1661, hatte sich der
König die unmittelbare Nachbarschaft, die Spanischen Niederlande und Lothringen,
gefügig gemacht und einen Korridor zu seinen elsässischen Besitzungen verschafft.
Beherrschenden Einfluß auf die Reichspolitik nahm Ludwig über den 1658 gegründe¬
ten Rheinbund, der 1668 allerdings nicht mehr erneuert worden war.
Auf dem Metzer Bischofsstuhl war nur eine Person denkbar, die Gewähr dafür bot,
daß die Stellung Frankreichs auf diesem vorgeschobenen Posten nicht nur erhalten,
sondern auch gestärkt wurde9 10 11. Daran läßt sich die Wertschätzung ablesen, die
D'Aubusson beim König genoß. Aber es war sicherlich ein Glücksfall für die in lan¬
gen Jahrzehnten schwer mitgenommene Metzer Diözese, daß mit ihm nicht nur ein
erfahrener Diplomat das Amt antrat, sondern auch - wie bereits angedeutet - ein
bischöflicher Seelsorger.
D’Aubusson sollte sich als von tridentinischem Geist erfüllter, reformfreudiger Ober¬
hirte erweisen. Bald nach seiner Ernennung hatte ihm das Metzer Domkapitel die
Leitung der Diözese anvertraut. Die päpstliche Bestätigung folgte ein Jahr später am
26. Juni 1669; in Metz eingeführt wurde er am 4. September desselben Jahres. Die
Visitation des Archidiakonats Saarburg fand Mai/Juni 1669 statt, also noch vor der
kanonischen Ernennung und vor der offiziellen Einführung. Man mag daran erken¬
nen, wie sehr der neue Bischof von pastoralem Eifer erfüllt war und wie drängend
ihm die Probleme der östlichen Teile seiner Diözese erschienen sein mögen. Man
mag daran auch erkennen, wie rasch D'Aubusson sein großes Werk in Angriff neh¬
men wollte, den protestantisch gewordenen Osten zu rekatholisieren.
Daß die Visitation jedoch durch den Bischof selbst - diese Tatsache muß deutlich
hervorgehoben werden" -, so schnell und ohne erkennbare Vorbereitung durchge¬
führt wurde, dafür gab es einen konkreten Grund: D'Aubusson hatte sich in einen
örtlichen Streit zwischen dem katholischen Haus von der Leyen und dem evangeli¬
schen Grafen von Nassau-Saarbrücken eingeschaltet. Deren Auseinandersetzung war
zuletzt auf die Ebene eines Konfessionsstreits geraten. Das Eingreifen bot dem
Bischof nicht nur die Möglichkeit zum pastoralen Wirken, sondern auch dazu, seine
9 Robert Folz, Le concordat germanique et l’élection des évêques de Metz, Metz 1931,
S. 147.
10 Vgl. Le diocèse de Metz, S. 125.
11 O. Billuart (vgl. in diesem Band) hat ermittelt, daß von den 14 Visitationen des Archipres-
byterats Saarburg zwischen 1689 und 1789 nur eine einzige (1698) durch den Bischof selbst
vorgenommen wurde. Das mag die Bedeutung der Reise D’Aubussons 1669 unterstreichen.
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