2, Die Fortschritte der Reformation unter der Förderung der Landesregierung,
1533-1535.
Am 3. Dezember 1532 isl Herzog Ludwig II. gestorben, eben 30jährig, mit Hinterlas¬
sung seiner Frau und zweier Kinder, darunter der gerade 6jährige Erbe, Pfalzgraf
Wolfgang. Für diesen übernahm gemeinsam mit der Mutter die Vormundschaft Lud¬
wigs jüngerer Bruder Ruprecht, der Domherr in den Kapiteln von Mainz, Straßburg
und Köln war51.
Johann Schwebel hat offenbar auf die neue Regierung starke Hoffnungen gesetzt.
Wir besitzen von ihm zwei Eingaben an den neuen Regenten Ruprecht, die erste mit
einer Rechenschaft seiner bisherigen kirchlichen Wirksamkeit und der Aufforderung
an die Regierung, im Sinne einer kirchlichen Reformation tätig zu werden. Die zwei¬
te setzt sich in der Form einer Widerlegung mit einer bestrittenen Zuständigkeit der
weltlichen Regierung in Kirchenangelegenheiten auseinander und unterstreicht so
die Notwendigkeit einer Reformation52 53. Bei einer solchen Ablehnung obrigkeitlichen
Eingreifens in die kirchlichen Angelegenheiten kann man an Kanzler Jakob Schorr
denken, der 1534/35 einer obrigkeitlichen Vorschrift in Sachen des Klerikerkonkubi¬
nats energisch widersprach und Ostern 1533, offenbar nicht ganz freiwillig, sein Kanz¬
leramt niedergelegt hatte51.
Schwebel hat sich durchgesetzt. Im Januar 1533 war er in Straßburg und konsultierte
Martin Butzer. Wenig später kann er dorthin einen von ihm verfaßten Ratschlag zur
Ordnung in Kirchensachen zur Kenntnis geben: Form und Maß, wie es von den Pre¬
digern des Fürstentums Zweibrücken in nachfolgenden Mängeln gegen den Unterta¬
nen an etlichen Orten solle gehalten werden54. Das sind 12 Artikel, formuliert auf der
Grundlage des sog. Nürnberger Anstands vom 23. Juli 1532, eines bis zum künftigen
Konzil garantierten Friedensstandes.
51 Julius Ney, Art. „Ruprecht, Pfalzgraf“, in: ADB 29 (1889), S. 740-743. - Zum Kölner Kano-
nikat Hermann Heinrich Roth, Das kölnische Domkapitel von 1501 bis zu seinem Erlö¬
schen 1803, in: Veröffentl. d. Kölnischen Geschichtsvereins 5 (1930), S. 270.
52 Fritz Jung (wie Anm. 21), S. 86-88.
53 Ludwig Eid, Der Hof- und Staatsdienst im ehern. Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, in: Mitt.
d. hist. Ver. d. Pfalz 28 (1897), S. 176. Weitere Daten zu Schorr ebd., S. 181 und 183-184. Dazu
Georg Christian Crollius, Commentarius de Canellariis et Procancellariis Bipontinis,
Zweibrücken 1768, S. 23-49. - Julius Ney, Art. „Schorr, Jakob“, in: ADB 32 (1891), S. 384-
386.
54 Den Text gibt es in zwei Fassungen. Die erste ist das Gutachten Schwebels. Dies gibt es hand¬
schriftlich im Stadtarchiv Straßburg, Thomasarchiv, Nr. 167: Varia ecclesiastica II, Nr. 5, fol.
214-217. Druck in Johann Schwebel, Teutsche Schriften, Bd. 2, Zweibrücken 1589, S. 236-
246. Aus diesem Druck ist obige Überschrift entnommen. Einen zeitgenössischen Druck, mit
dem Fritz Jung (wie Anm. 21), S. 189-192 in Anm. 8 rechnet, hat es offenbar nie gegeben.
Die andere Fassung, ohne Einleitung und Schlußabsatz mit Schwebels Unterschrift, offenbar
die publizierte Form, in Kirchenschaffneiarchiv Zweibrücken, Rep. II, Nr. 122, fol. 14-16.
Hiernach Abdruck bei Wolfgang Jung (wie Anm. 35), S. 12-15. Einer Zuweisung bedarf
noch eine weitere handschriftliche Fassung Mainzer Provenienz im StA Würzburg, MRA,
Kurpfalz 2505, fol. 4-6. Ich hoffe, den Text in einer textkritischen Edition demnächst einmal
vorlegen zu können.
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