Hans-Günther Marschall
Romanische Architektur im Bistum Metz
Eine Bemerkung vorab ist zum Verständnis notwendig: politische Grenzen sind in
der Regel zur Abgrenzung eines Kunstraumes ungeeignet. Sie können jedoch helfen,
die Anzahl der zu behandelnden Bauten zu begrenzen. Um wenigstens die jüngsten
Grenzveränderungen auszuklammern, lege ich für die Betrachtungen die Grenzen
des Bistums Metz vor der Französischen Revolution zugrunde.
Das Bistum Metz war im Mittelalter erheblich größer, als dies heute der Fall ist: im
Westen grenzte es unmittelbar an das Bistum Verdun, im Norden an das Bistum
Trier, im Nordosten an die Bistümer Mainz, Worms und Speyer und im Südosten und
Süden an die Bistümer Straßburg und Toul. Dies bedeutet, daß im Westen der nach
dem Frieden von Frankfurt von 1871 dem Departement Meurthe-et-Moselle zuge¬
schlagene Kreis Briey ebenso dazugehörte wie im Osten große Teile des Saarlandes
und Teile der Westpfalz. Die Verteilung der heute noch vorhandenen romanischen
Bauten zeigt eine auffallende Dichte der Bauten im Westen und Südwesten des
Bistums, während im östlichen Teil, etwa ab St. Avold, kaum noch Bauten vorhanden
sind. Dies hat einmal seinen Grund darin, daß die wenig fruchtbaren Böden dort
nicht die dichte Besiedlung ermöglichen wie die ertragreichen Flußtäler im Westen,
zum andern ist der ursprüngliche Bestand in diesem Teil durch Zerstörungen fast
vollständig verloren. Hinzu kommt, daß der wirtschaftliche Aufschwung in den Graf¬
schaften Saarbrücken und Ottweiler im 18. Jahrhundert Anlaß war, mittelalterliche
Kirchen durch Neubauten zu ersetzen. Selbst die wenigen Bauten, die noch vorhan¬
den sind, wie z.B. die Prioratskirche in Böckweiler, wurden in wesentlichen Teilen
nach Zerstörungen neu erbaut. Zahlreiche Reste und Ruinen jedoch geben sichere
Hinweise dafür, daß der Bestand an Bauten hier im Mittelalter erheblich dichter war.
Als Beispiel dafür seien einmal die zahlreichen romanischen Türme angeführt (u. a.
Fechingen, Güdingen, Dörrenbach und Reinheim), zum anderen die Ruinen der
Abteien von Wörschweiler, Hornbach und Neumünster sowie der durch die jüngsten
Grabungen belegte romanische Vorgängerbau der Stiftskirche von St. Arnual.
Insgesamt sind im ehemaligen Bistum Metz etwa 120 Bauten mit romanischem
Bestand erhalten. Setzt man diese Anzahl mit den etwa 1300 Orten in Beziehung, in
denen eine mittelalterliche Kirche vorhanden war, dann wird klar, daß dieser geringe
Bestand nur sehr vage die Möglichkeit bietet, bei typologischen Untersuchungen zu
allgemeingültigen Aussagen zu kommen. Hinzu kommt, daß kein einziger romani¬
scher Großbau im Bistum erhalten ist. Der Grundriß des ottonischen Vorgängerbau¬
es der Bischofskirche, des Metzer Doms, ist durch Grabungen einigermaßen gesi¬
chert, aber alle Rekonstruktionsversuche sind hypothetisch. Gleiches gilt auch für die
großen Abteikirchen in Metz.
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