6. Reorganisation unter Bischof Hermann (1073- 1090)
Es ist dann Bischof Hermann, der hier eingriff und eine Reform durchführte, die
Bestand haben und zukunftweisend sein sollte. Hermann, der vor allem als treuer,
aber auch langer Ermutigungen bedürftiger Anhänger Gregors VII. bekannt ist79, hat
dabei jedoch nichts völlig Neues geschaffen. Vielmehr lehnte er sich an eine Organi¬
sationsform an, die zuerst in der Diözese Verdun nachweisbar scheint. Dort gab es
bereits 1032 drei Archidiakone neben dem Primicerius80. 1055 werden die Verhältnis¬
se noch deutlicher erklärt: auch der Primicerius ist ein Archidiakon, zu dem noch
weitere drei treten, und es wird erzählt, ein Archidiakon verwalte eine parrochia, in
welcher sich die Kirche St. Martin von Amei (dep. Meuse, arr. Montmedy, cant. Spin¬
court) befinde, zu deren Übertragung an Gorze er auch seine Zustimmung geben
mußte81. Wir haben es hier also erstmals mit der Art eines Archidiakons zu tun, wie
sie aus dem späteren Mittelalter wohlbekannt ist; allerdings mußte dieser Kirchenbe¬
amte die Ausstellung der genannten Urkunde noch seinem Bischof überlassen.
Diese aus Verdun bekannte Organisation führt nun Hermann auch in Metz, nachdem
er zunächst noch 1073 mit den hergebrachten zwei Archidiakonen gearbeitet hatte82,
sehr bald danach ein, modernisierte sein Leitungsgremium, das bereits Adalbero III.
1056 anspruchsvoll als nostri palatii senatus bezeichnet hatte83. Wie in Verdun blieb
der Primicerius Adalbero im Nebenberuf noch Archidiakon, der schon 1065 bezeugte
Archidiakon Gervold wurde ebenfalls beibehalten, und als neue Archidiakone traten
79 Vgl. André Dantzer, La querelle des investitures dans les évêchés de Metz, Toul et Ver¬
dun de 1075 au concordat de Worms 1122, in: Annales de l’Est 6 (1902) S. 90-95, Siegfried
Salloch, Hermann von Metz. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Episkopats im
Investiturstreit (Schriften des Wiss. Instituts der Elsaß-Lothringer im Reich an der Univer¬
sität Frankfurt, N.F. 2), Frankfurt a. M. 1931, Henri-X. Arquillière, La IIe lettre de Gré¬
goire VII à Hermann de Metz (1081), in: Mélanges Jules Lebreton 2 (Recherches de science
religieuse, 40,1951/52), Paris 1952 S. 231-242.
“ Cart. Gorze Nr. 126 S. 227.
81 Cart. Gorze Nr. 129 S. 230f.
82 C a 1 m e t (wie Anm. 53) Preuves Sp. 475 zu 1073: Sign. Alberonis primicer. Sign. Richeri deca-
ni et archidiaconi. Sign. Walonis abbatis sancti Arnulfi. Sign. Gervoldi archidiaconi. Sign.
Johannis aerarii ...; Gervold war bereits 1065 unter Adalbero III. Archidiakon, vgl. Rudolf,
Gesta abbatum Trudonensium, ed. Georg Waitz, MGH SS 10, Hannover 1852, S. 325, 1055
unter ihm aber Erzkaplan, vgl. Cal met. Preuves Sp. 447. - Bischof Hermann selbst war
Archidiakon in Lüttich gewesen, vgl. Benno Morret, Stand und Herkunft der Bischöfe von
Metz, Toul und Verdun im Mittelalter (Diss. Bonn), Düsseldorf 1911 S. 23.
83 Vgl. oben Anm. 76. Schon die Vita Johannis abbatis Gorziensis cap. 98 (wie Anm. 28) S. 366
Z. 44 nennt einen cubicularius des Bischofs Adalbero I. Dieser Titel stammt aus der königli¬
chen Palastorganisation, vgl. Franz Staab, Palatium in der Merowingerzeit. Tradition und
Entwicklung, in: Die Pfalz. Probleme einer Begriffsgeschichte vom Kaiserpalast auf dem
Palatin zum heutigen Regierungsbezirk (Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur
Förderung der Wissenschaften in Speyer 81), Speyer 1990 S. 60-62. - Zu den Bestrebungen
Adalberos III. vgl. Franz-Reiner Erkens, Die Trierer Kirchenprovinz am Vorabend des
Investiturstreits, in: Bll. f. dt. Landesgesch. 125 (1989) S. 147f.
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