Schwarz (1880-1949).151 Er und andere Autoren haben im regionalen Feld gezeigt,
wie es die katholische Kirche verstand, dem sozialen Protest sowohl ein Ventil in einer
gesteigerten Religiosität als auch eine gewerkschaftliche Organisation in enger Verbin¬
dung mit der Zentrumspartei zu geben. Wie von einer völlig anders gearteten
Ausgangsposition her mindestens Teile der protestantischen Arbeiterschaft trotz ihrer
Konfession den Weg in die Gewerkschaften fanden, behandelt er in diesem Band.
Wie nach dem Scheitern der Rechtsschutzbewegung zunächst zögernd, dann immer
stärker von verschiedenen Seiten aus die Organisation der Arbeiterschaft erfolgte und
sich in neuen Streiks manifestierte, wobei dem Hüttenarbeiterstreik in Burbach 1906
als erstem Hieb gegen das „saarabische System der Hüttenindustrie“ besondere
Bedeutung zukommt,152 haben verschiedene Autoren in kleineren Beiträgen angespro¬
chen.153 Michael Sander154 hat mehrfach das Spannungsverhältnis zwischen den
katholischen Arbeitervereinen der Berliner Richtung, die von dem Trierer Bischof
Korum und der Dasbach-Presse unterstützt wurden, und den interkonfessionellen
christlichen Gewerkschaften, für die sich der Saarbrücker Zentrumspolitiker Muth
und die „Saarpost“ engagierten, beschrieben und erläutert. Alle diese Ansätze lassen
die Fortsetzung der Geschichte der Gewerkschaftsbewegung im Revier im Anschluß
an Mallmanns Dissertation nur um so wünschenswerter werden. Dabei wäre Horchs
Vorgabe zu prüfen, daß hierzulande „die Ansätze kollektiver und konfliktatorischer
Interessenvertretung der Arbeiterschaft“ nur in sehr kümmerlicher Form entwickelt
gewesen seien, und auch die dafür von ihm genannten Faktoren155 - höherer
Zentralisationsgrad des Kapitales und des ökonomischen Staatseinflusses als in
anderen Teilen des Deutschen Reiches, ein geschickt ausgeklügeltes und besser
durchorganisiertes Herrschaftssystem der hiesigen Arbeitgeber und daraus resultieren¬
de größere Schwierigkeiten für die politische und gewerkschaftliche Arbeit und
unterwürfiges Verhalten der Arbeiter, wie auch mancher gewerkschaftlichen Agitato¬
ren156 die einzigen oder mindestens die bestimmenden Faktoren waren.
Ein rundes Jahr nach der Dillinger Tagung ist unter der Herausgeberschaft Richards
van Dülmen in der von Hermann Glaser gegründeten Reihe „Industriekultur deut¬
151 Ders., Julius Schwarz (1880-1949), ebenda Bd. 4, 1989 S. 191-221.
152Bungert, Gerhard - Mallmann, Klaus-Michael, Burbach 1906: Der erste Hüttenstreik an
der Saar, in: Arbeitnehmer 1977 S. 337-340.
153 Bungert, Gerhard - Mallmann, Klaus-Michael, 100 Jahre Sozialistengesetz „Hinter jedem
Streik lauert die Hydra der Revolution.“ Was damals im Saarrevier geschah, in: Arbeitnehmer
26, 1978 S. 412-416; Handfest, Karl, Zur frühen Geschichte der Gewerkschaften an der
Saar. Hauptamtliche Gewerkschaftskarriere von Hans Böckler begann im Saarland, in:
Saarheimat 18, 1974 S. 108-115; Heitzer, Horstwalter, Die christliche Bergarbeiterbewe¬
gung im Saarrevier von 1904 bis zum Ersten Weltkrieg, in: Soziale Frage und Kirche (wie
Anm. 32); 100 Jahre Ortsverein Saarbrücken. Verband der Deutschen Buchdrucker J. V.
Graphik Saar, IG Druck und Papier (Saarbrücken 1967); Bungert, Gerhard - Mallmann,
Klaus-Michael, Die Arbeitersportbewegung im Saarland. Zur Ertüchtigung - auch politisch,
in: Arbeitnehmer 1978 S. 50-52.
1S4Sander, Michael, Katholische Arbeitervereine Berliner Richtung, in: Archiv für mittelrhein.
Kirchengesch. 37, 1985 S. 115-135; ders., Katholische Geistlichkeit und Arbeiterorganisa¬
tion, in: Soziale Frage und Kirche (wie Anm. 32) S. 273-302; ders., Zwischen Kirche, Streik
und Zentrum. Der Gewerkverein christlicher Bergarbeiter im Krisenjahr 1912, in: Richtig
daheim (wie Anm. 12) S. 87-90.
155 Horch (wie Anm. 135) S. 14.
156 Namentlich nennt er Otto Hue und Heinrich Imbusch.
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