Arbeiter allgemein zu übertragen. Dies erscheint mir unzulässig, ehe nicht Detailunter¬
suchungen für die Bergleute auf den bayerischen Fiskalgruben und den beiden
Privatgruben und für die Arbeiter in den Eisenwerken, Glashütten und im Baugewer¬
be vorliegen. Hier eröffnet sich für künftige sozialgeschichtliche Arbeiten ein weites
Feld.
Während, wie schon gesagt, aufgrund der verhältnismäßig günstigen Quellenlage, die
Forschung ein facettenreiches Bild von dem Arbeiter auf den preußischen Staatsgru¬
ben des Reviers entworfen hat, fehlen vergleichbare Untersuchungen über die beiden
nächst größeren Gruppen, die Hüttenarbeiter und die Bauarbeiter.
Die Verbreitung industrieller Frauen- und Kinderarbeit hierzulande ist noch nicht
planmäßig untersucht worden.146 Doch scheint sie schon wegen der besonders
schweren körperlichen Bedingungen in dem vornehmlich montanindustriell struktu¬
rierten Revier nicht stark verbreitet gewesen zu sein und in dem letzten Drittel des
19. Jhs. noch abgenommen zu haben, bis dann im Ersten Weltkrieg Frauen auch in
der Schwerindustrie Arbeitsplätze ausfüllen mußten. Die Rolle der Arbeiterfrau in
Haushalt und Familie, bei der Bestellung von Garten und Feld und der Versorgung
des Viehs wird zur Zeit von verschiedenen Seiten her angegangen, vorab veröffentlicht
ist eine knappe Zusammenfassung.147
Die Anfänge der Selbstorganisation der Arbeiterschaft in Gewerkschaften und die
ersten Versuche ihrer Emanzipation aus dem patriarchalischen System behandeln
vornehmlich Klaus Michael Mallmann148 und Horst Steffens,149 wobei die Rechts¬
schutzbewegung der Saarbergleute und die große Streikwelle von 1889 bis 1892 im
Mittelpunkt stehen. Mallmann hat das Thema in einigen kleineren Arbeiten variiert
und um die Schilderung einzelner Erscheinungen, darunter die Ausbreitung in die
Westpfalz, ergänzt. Er schrieb auch die Biographie der führenden Persönlichkeit der
Rechtsschutzbewegung: Nikolaus Warken150 und des jüngeren Gewerkschafters Julius
146Kermann, Joachim, Vorschriften zur Einschränkung der industriellen Kinderarbeit in
Bayern und ihre Handhabung in der Pfalz. Ein Beitrag zur Entwicklung der bayerischen
Arbeitsschutzgesetzgebung im 19. Jh., in: Jb. f. westdt. Landesgesch. 2, 1976 S. 311-374,
geht auf die tatsächliche Kinderarbeit nicht ein. Einzelangaben, vornehmlich zur Frauenar¬
beit, finden sich an verschiedenen Stellen in dem Sammelwerk „Industriekultur“ (wie
Anm. 157) z. B. S. 79 f.
147Hoherz, Hilde, „Krystallisationspunkt allen Glücks“. Frauenarbeit in der Ära Stumm, in:
Industriekultur (wie Anm. 157) S. 193-205.
148 Mallmann, Klaus-Michael, Die Anfänge der Bergarbeiterbewegung an der Saar
(1848-1904), Saarbrücken 1981; ders., Die Anfänge der Bergarbeiterbewegung in der
bayerischen Saarpfalz, in: Saarheimat 23, 1979 S. 177-182; ders., Kulturkampf, katholischer
Klerus und Bergarbeiterbewegung an der Saar, in: Der Anschnitt 33, 1981 S. 110-116; ders.,
„Einer für alle, alle für einen?“ Die große Streikzeit 1889-1893, in: Gerhard Bungert -
Klaus-Michael Mallmann - Gerd Schuster, Der Weg zur Einheit, Stationen der Bergarbei¬
terbewegung an der Saar, Bochum 1981 S. 5-17; ders., „Haltet fest wie der Baum die Äst“.
Zur Rolle der Frauen in der Bergarbeiterbewegung 1892/93, in: Saarheimat 24, 1980
S. 89-92,
149 Steffens, Horst, Arbeiterwohnverhältnisse und Arbeitskampf. Das Beispiel der Saarbergleute
in der großen Streikzeit 1889-1893, in: Klaus Tenfelde - Heinrich Volkmann, Streik. Zur
Geschichte des Arbeitskampfes in Deutschland während der Industrialisierung, München
1981 S. 124-142; ders., Autorität und Revolte. Alltagsleben und Streikverhalten der Bergar¬
beiter an der Saar im 19. Jahrhundert, Weingarten 1987.
150Mallmann, Klaus-Michael, Nikolaus Warken, in: Saarländische Lebensbilder Bd. 1, 1982
S. 127-152.
31